Mario's Biografie
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Mario's Biografie
Man kann die Geschichte der Video- und Computerspiele in unterschiedliche Epochen einteilen. Wenn aber eine Unterteilung wirklich Sinn macht, sowohl aus Sicht der Spieler, wie auch der Branche und ihrer Entwicklung, so ist es die Einteilung in die Zeit vor und nach den Super Mario Brothers. Bevor wir uns jedoch in unserem Feature der Geburtsstunde der legendären Super Mario Reihe widmen und ihren weiteren Verlauf unter die Lupe nehmen, macht es Sinn, den vorherigen Werdegang des Hauptdarstellers, der heute als Mario in aller Welt als Synonym eines ganzen Industriezweiges gilt, näher zu betrachten und zwar angefangen bei seinen Wurzeln. Und auch später werden wir hin und wieder die Karriere Abseits von Marios Stammreihe betrachten, da uns ansonsten viele interessante Zusammenhänge oder auch einfach nette Anekdoten verborgen blieben.
Geboren wurde Mario im Jahre 1981, als Held in Shigeru Miyamotos erstem Videospiel. Der 28-jährige Industriedesigner, der nur durch den Kontakt seines Vaters zu Nintendo Firmenchef Hiroshi Yamauchi eingestellt wurde, sollte eigentlich das Board einer Space Invaders und Galaxian Kopie von Nintendo, in Form des so genannten „Radar Scope“ Automaten, als Grundlage nehmen, um ein eigenes Spiel daraus zu entwickeln. Der Radar Scope Automat war für Nintendo damals eine der bisher kostspieligsten Produktionen, brachte aber nicht mehr Geld, als deutlich billiger zu produzierende Automaten und so entschloss man sich, durch diesen Schritt wenigstens teilweise die hohen Kosten wieder auszugleichen. Miyamoto arbeitete für dieses Projekt mit Gunpei Yokoi zusammen, jenem Mann, der Jahre später den Nintendo Game Boy erfinden sollte. Doch schon nach kurzem Blick auf das eigentliche Radar Scope Spiel, war Miyamoto fest der Ansicht, dass er nicht einmal ein annährend ähnliches Spiel schaffen wollte, war ihm die Nähe zum Space Invaders Original von Taito doch wesentlich zu groß. Zudem empfand Miyamoto die meisten (Shooter-)Spiele dieser Zeit sowieso als zu primitiv: Für ihn war es leicht ersichtlich, dass die Mehrheit der damaligen Videospiele von Technikern entwickelt wurden, die sich vielleicht mit der Grafik, aber nicht mit dem Spieldesign auskennen würden. So war Yamauchis Entscheidung, den vollkommen unerfahrenen Miyamoto als Director eines Videospiels einzusetzen, zu dieser Zeit in der Tat höchst ungewöhnlich, kümmerte er sich davor doch fast ausschließlich um das Gehäusedesign der Automaten selbst. Zunächst war vorgesehen, dass eine Versoftung der bekannten Popeye-Cartoons Miyamotos erstes Spiel werden sollte, doch dieser Deal platzte unerwartet, weswegen er sich um eigene Kreationen bemühen musste. Miyamoto-San erinnerte sich bei der Suche nach geeigneter Inspiration an das Märchen „Die Schöne und das Biest“ und den Filmklassiker "King Kong". Der Bösewicht des Spiels sollte zwar erkennbar als dieser dargestellt werden, doch für den Spieler unbedingt auch sympathisch wirken. Und wie im großen Filmklassiker King Kong sollte sich dieser eine holde Maid schnappen und mit ihr auf den höchsten Punk eines Gebäudes abhauen. Die Frau namens Lady brauchte aber natürlich einen Helden an ihrer Seite und so entstand der Hauptdarsteller
des Spiels namens Jumpman. Miyamoto wollte keinen Supermann erschaffen – Jumpman sollte ein absoluter Durchschnittstyp sein, so dass sich absolut jeder mit dieser Spielfigur identifizieren konnte. Die beschränkte Technik der damaligen Zeit gab einen großen Teil des Aussehens vor: Weil die Darstellung der Kopfbehaarung nicht wirklich erkennbar war, bekam der kleine Mann eine Mütze auf den Kopf gesetzt. Der nicht erkennbare Mund wurde einfach zu einem dicken Schnauzer. Damit man seine Hände beim Laufen gut erkennen konnte, bekam er eine kleine Wampe mit auf den Weg geschickt. Der Name des Protagonisten kam natürlich nicht von ungefähr: Ziel des Spiels war es, die Freundin des Mannes aus den Klauen des Affen zu befreien. Dazu musste man in vier Stages jeweils bis an deren höchsten Punkt gelangen und tat dies erstmals in einem Videospiel springend, rennend und kletternd. Einen Hammer konnte Jumpman temporär als Extrawaffe gegen Gegner wie Flammen und die herunterrollenden Fässer des Affen einsetzen. Durch diese Extrawaffe bekam Jumpman dann auch den Beruf des Zimmermannes auf den Leib geschrieben.
Als Namen für den Bösewicht und auch des Spiels selbst kramte man ein Japanisch/Englisch Wörterbuch hervor und suchte nach einem englischen Wort für „Stur“, einer der herausragendsten Charaktereigenschaften des Affen. Dabei stieß man auf das Wort „Donkey“ (Esel) und da mit „Kong“ im Allgemeinen Primaten verbunden werden, wurden der große Affe sowie der Automat auf den Namen „Donkey Kong“ getauft.
Als Miyamoto das fertige Spiel in Nintendos amerikanischer Niederlassung vorstellte, herrschte dort entsetzen über den Automaten: Ein Spiel, welches fast völlig ohne Action auskommt, so etwas würde sich doch niemals anbieten lassen, noch dazu in den USA, wo NoA zu dieser Zeit in einer finanziellen Notlage steckte und man viel Hoffnung auf dieses Spiel als letzten Notnagel gesetzt hatte. Stattdessen wurde das obskure Spiel als finaler Sargnagel betrachtet. Doch Yamauchi war überzeugt von seiner Entscheidung und dem Können Miyamotos, worauf ein Automat zum Test in einer Kneipe aufgestellt wurde. Nach kürzester Zeit bekam man einen Anruf aus eben dieser: Etwas sei an dem Gerät nicht in Ordnung. Doch in Wahrheit soll das gute Stück mit Münzen bis an den Rand gefüllt gewesen sein und deswegen seinen Dienst verweigert haben. Damit begann der Siegeszug des, neben Pac-Man, zweiterfolgreichsten Spielautomaten aller Zeiten. Der gigantische Erfolg des ersten wirklichen Jump'n'Runs der Geschichte, gab Miyamoto und Yamauchi, nicht nur in all ihren Entscheidungen Recht, sondern sicherte letztendlich sogar den Standort von NoA vor der sicheren Schließung. Weiter markierte Donkey Kong zusammen mit Pac-Man den Anfang von Videospielen, die auf Charaktere setzten und nicht nur auf kalten und seelenlosen Objekten, wie vornehmlich Raumschiffen. Auch die Darstellung von kurzen Zwischensequenzen nahm mit diesen beiden Spielen ihren Anfang. Das mag leicht ironisch wirken, bedenkt man die heutigen Diskussionen um Miyamotos Ablehnung einer zu umfangreichen Story und eines ausgefeilteren Charakterprofils, lässt aber eine klare Linie erkennen: Sobald sich der Spieler mit einer seiner Figuren identifizieren kann, steht das Gameplay im Vordergrund. Und die Identifizierung geschieht vor allem durch die nur sehr sporadisch vorhandenen Informationen über den Protagonisten.
Für die US-Flyer zum Automaten bekam Jumpman dann auch endlich den Namen, unter dem er heute Millionen von Menschen bekannt ist. Wie es aber genau zu dieser Namensfindung gekommen ist, darum ranken sich verschiedene Legenden: Am bekanntesten (und wohl auch am wahrscheinlichsten) ist die Variante, wonach der Name von NoA Präsident Minoru Arakawa stammt, dem die angebliche Ähnlichkeit zwischen Miyamotos Kreation und dem italienischen Vermieter des Bürogebäudes von Nintendo of America aufgefallen sei, der den Namen Mario Segali trug. Auch über die Namensfindung des weiblichen Charakters, Lady, gibt es eine solche Anekdote. So soll die Frau des Warehouse-Managers von Nintendo of America, Don James, für den Namen Pate gestanden haben. Die gute Frau hörte auf den Namen Polly James, woraus angeblich Pauline wurde.
Nach dem gigantischen Erfolg des Automaten, fegten große Marketingkampagnen über die Welt und hinterließen nicht nur Stofffiguren und Musik CDs, sondern auch eine eigene Cartoon-Reihe über den Affen. Somit war allen Beteiligten schnell klar, dass eine Fortsetzung her musste und nur ein Jahr später, betrat Donkey Kong Jr. die Spielhallen dieser Welt.
Ein Novum stellte Donkey Kong Jr. im Hinblick auf seine Rahmenhandlung dar, denn zum ersten (und einzigen) Mal schlüpfte hier Mario in die Rolle des Bösewichtes und sperrte den großen Affen in einen Käfig ein. Dies ließ sich der Sohnemann namens Donkey Kong Jr. natürlich nicht gefallen und startete eine vier Level umfassende Rettungsaktion, an dessen Ende Mario das Handtuch werfen musste. Die Fortsetzung des Millionensellers entwickelte sich ebenfalls zum handfesten Hit in den Spielhallen, konnte aber den (Überraschungs-)Erfolg seines Vorgängers nicht wiederholen. DK Jr. war ein hervorragendes Mittel, um den kleinen Zimmermann weiterhin im Bewusstsein der Spieler verbleiben zu lassen, obwohl Mario im folgenden Donkey Kong 3 seine Rolle an den glücklosen Charakter „Stanley“ abgeben musste, was jedoch kein Beinbruch war, stellte der dritte Teil doch den eindeutigen Tiefpunkt der Reihe dar.
Miyamotos Grad der Beteilung am sehr schlechten dritten Teil der Trilogie ist bis heute unklar. Wichtiger war jedoch, dass er ein eindeutiges Gefallen an seiner menschlichen Kreation gefunden hatte, woraufhin 1983 Mario Bros. in die Spielhallen kam. Durch das Szenario des Spiels, kam Mario endlich zu seinem berühmten Beruf: In der Kanalisation waren die Rohre mit allerlei Viechern hoffnungslos verstopft und die Mario Brüder bekamen den lukrativen Auftrag, dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Und da man von den Mario-„Brüdern“ sprach, feierte der allseits im feschen Grün gekleidete Zwillingsbruder Marios, Luigi, mit diesem Titel sein Stelldichein. Dieser sah allerdings, abgesehen von den Farben seiner Klamotten, seinem Bruder zum Verwechseln ähnlich und auch von seinem tollpatischen Charakter war noch nichts bekannt (wobei sich dieser erst wirklich in den letzten Jahren entwickelte). Damals konnten die Gegner noch nicht mit einem Sprung auf ihre Köpfe ausgeschaltet werden. Stattdessen muss der Spieler genau unter dem Gegner stehen und von dort aus gegen den Boden springen. Als Mentor Yokoi bei einer Besprechnung mit Miyamoto fragte, was für eine Art Gegner sich dadurch auf den Rücken legen und erst nach einigen Mühen wieder von selbst aufstehen könnte, antwortete der junge Designer: "Nun, zum Beispiel eine Schildkröte!". Das war die Geburtsstunde von Marios ewigen Widersachern und erneut ein Beispiel, wie jedes Design bei Miyamoto einer Funktionalität untergeordnet ist. Seine wahre Stärke spielte der Titel im Spiel mit oder gegen einen menschlichen Mitspieler aus. Hinterhältige Klempner schubsten sich gegenseitig in die anlaufende Gegnerschar und zankten sich um Punkte, ebenso wie um die Benutzung des hier zum ersten Mal auftretenden Pow-Blockes. Auch die grünen Röhren, aus denen die Feinde an die Mario-Brüder herantraten, sollten später noch einige Auftritte spendiert bekommen.
Obwohl der Erfolg des Automaten eher bescheiden war, hielt Miyamoto an den Figuren und einigen Konzepten fest, die schließlich mit seinem nächsten Streich zur Revolution des Gamedesigns führen sollten.
1985: Super Mario Bros. – Der Urknall
Von der westlichen Welt, die sowieso gerade mit dem großen Videospielcrash 1983/84 beschäftigt war, fast unbemerkt, brachte Nintendo 1983 den „Family Computer“ (Famicom) in Japan auf den Markt, hierzulande besser bekannt als Nintendo Entertainment System (NES). Zur Markteinführung des 8-Bit Modulschluckers gab es Umsetzungen der bisherigen Miyamoto Spiele in Form von Donkey Kong, Donkey Kong Jr. und Popeye (welches nach dem Erfolg der DK Spiele doch noch das Licht der Welt erblickte). Um aber ein neues und bahnbrechendes Spiel für das junge System und vor allem für dessen geplanten US-Launch präsentieren zu können, veränderte Firmenpräsident Yamauchi die bisherige Struktur in Nintendos Entwicklungsabteilung und Miyamoto sah sich plötzlich als Leiter der neu gegründeten Abteilung „Research & Development 4" (R&D4) wieder, welche heute unter dem im Jahre 1990 geänderten Namen EAD (Entertainment Analysis & Development) jedem Nintendo-Fan ein Begriff sein wird. Miyamoto, plötzlich Produzent seiner eigenen Spiele, arbeitete hier zum ersten Mal mit Co-Director Takashi Tezuka und Komponist Koji Kondo zusammen, eine Partnerschaft, die Geschichte schreiben sollte. Miyamoto sollte über Tezuka später einmal sagen, dass das größte Problem ihrer Zusammenarbeit wohl ihre fast immer übereinstimmenden Ansichten in allen relevanten Bereichen sei und in der Tat wird Tezukas Anteil an der Super Mario Franchise bis heute sträflich unterschätzt. Zusammen mit drei Programmieren, die noch heute bei Nintendo arbeiten, stellte diese Zusammenstellung das komplette Team dar. Ja, damals waren Credits (wenn überhaupt vorhanden) noch sehr knapp und konnten prima auswendig gelernt werden.
Miyamoto nahm die schon vorhandenen Elemente um die Mario Brüder und verband sie für sein bis dahin mit Abstand größtes Projekt mit Ideen aus dem Literaturklassiker "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll. So sollte Mario (und natürlich auch Luigi) nach der Berührung eines so genannten Superpilz in die Höhe wachsen. Dadurch bekamen die Brüder mehr Kraft und starben bei Gegnerkontakt nicht gleich, sondern schrumpften wieder auf Normalgröße zurück. Durch dieses Extra wurde der kleine Mario zu Super Mario und damit auch der Titel des Games gefunden.
Möglich wurde diese Verwandlung durch die, im Vergleich zu Automaten-Spielen, große Leistungsfähigkeit der Nintendo Konsole. Der ursprüngliche Plan sah deswegen auch vor, die Mario Brüder von Start weg in ihrer Super-Größe über den Bildschirm wandern zu lassen, ehe das Konzept der Superpilze auf den Tisch kam. Ein anderes Item, die Feuerblume, ließ Feuerbälle aus den Händen der Klempner springen, während die Berührung eines Sterns für die zeitlich begrenzte Unbesiegbarkeit der Helden garantierte.
Der Titel wurde aber auch durch eigene Erfahrungen Miyamotos entschieden geprägt: Der Sohn zweier Lehrer liebte es in seiner Kindheit, das ländliche Gebiet seines Heimatortes Sonebe gründlich zu durchforsten. Besonders faszinierend war für es ihn, wenn er alte Türen fand, deren dahinter liegende Wege unter das Erdreich führten. So wurde die erstmals horizontal scrollende Welt des Klempnergespanns mit geheimen Blöcken, Münzreservaten und den legendären Warp Zonen (Röhren, durch deren Benutzung man ganze Welten überspringen konnte) überschüttet. Somit wurde der Spieler ständig für seinen Entdeckungsdrang belohnt und die pure Jagd nach dem Highscore, nahm plötzlich nur noch eine untergeordnete Rolle ein. Ein revolutionärer Gedanke, der das typische Bild, welches viele Menschen damals von einem Videospiel im Kopf hatten, kräftigt durcheinander warf. Egal ob Power-Ups, Levelaufbau oder Gegnerdesign: Nintendos Team sprudelte über vor neuen Ideen und Konzepten, die bald zur Blaupause der gesamten Industrie werden sollten. Einen nicht zu übersehenden bzw. überhörenden Anteil an der Ausstrahlung von SMB hatte der legendäre Score aus der Feder Koji Kondos. Praktisch jede Melodie und jeder Soundeffekt, denen Miyamoto seit jeher besondere Aufmerksamkeit schenkt, wurden zum Kult - allen voran das exakt zum Spielrythmus komponierte Super Mario Thema.
Ort des Geschehens war von Beginn an das Mushroom Kingdom (Pilzkönigreich), in dem das Volk der Toads ihr Dasein bis zu jenem Tag fristete, als der üble König Bowser Koopa das Reich mit seiner Armee überfiel, die Bewohner verzauberte und die Prinzessin des Reiches, Toadstool (in der deutschen Version zu Prinzessin Fliegenpilz gemacht), entführte. Zufällig wurden Mario und Luigi Zeugen dieses Überfalls, als sie durch ein Abwasserrohr die Hilfeschreie der Bewohner hörten. Seinen schicken Namen verdanken wir Marios Erzfeind den Übersetzern von NoA, die ihn Bowser tauften, während der Krötenkönig, nach einem Monster aus den Godzilla-Filmen und alten japanischen Sagen designt, in Japan bis heute nur als König Koopa bekannt ist.
Das einfach zu erlernende und revolutionäre Gameplay von Super Mario Bros., welches an einem Freitag dem 13. veröffentlicht wurde (13. September 1985), begeisterte die Massen, markierte das Ende des großen Videospielcrashs, veränderte die gesamte Branche nachhaltig und wurde zu dessen Aushängeschild. Über 40 Millionen Module gingen über die Ladentheken in aller Welt, meist im Bundle mit dem NES. Denn wer ein NES kaufte, wollte in erster Linie Mario spielen. Damit wurde Super Mario Bros. auch zum ersten wirklichen Systemseller. Gleichzeitig legte das neue Entwicklerteam gleich mit dem Erstlingswerk das erfolgreichste Spiel in der Firmengeschichte hin und erntete dafür viele Lorbeeren, auch intern, da bei Nintendo stets ein kleiner Wettstreit unter den Teams stattfand, den Yamauchi förderte. Shigeru Miyamoto selbst spricht bis heute von seinem innovativsten Spiel, wenn von Super Mario Bros. die Rede ist.
1986: Super Mario Bros. 2 – Das doppelte Lottchen
Nach dem gigantischen Erfolg von Super Mario Bros. lag die Idee in der Chefetage von Nintendo natürlich nicht fern, die Mario Manie auszunutzen und schnell eine Fortsetzung hinterher zuschieben. Jedoch war exakt das gleiche Team, welches schon an SMB gearbeitet hatte, gerade mit der ersten Episode der The Legend of Zelda Reihe beschäftigt. Also nahm man die schon verfügbaren Elemente von SMB und baute daraus einen schnellen Nachfolger für die gierigen Profi-Zocker im Lande, der auch grafisch gesehen dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich sah. Ein paar der wenigen neuen Features stellte der Negativ-Pilz dar, dessen Berührung bei Mario (oder nun auch wahlweise Luigi, der höher als sein Bruder springen konnte) zu Schaden führte. Und genauso konstant wurde auch der Schwierigkeitsgrad weitergeführt, denn Super Mario Bros. 2 fing fast ebenso schwierig an, wie das Prequel endete. Dies steigerte sich im weiteren Verlauf des Abenteuers noch so weit, dass das japanische Super Mario Bros. 2 bis heute den schwierigsten Teil der gesamten Reihe darstellt und absolute Perfektion am Controller verlangt, will man wirklich bis zur Oberkröte Bowser durchstoßen.
Genau wie der Vorgänger, erschien Super Mario Bros. 2 an einem Freitag dem 13. – dem 13. Juni 1986 um genau zu sein und damit nicht einmal ein Jahr nach Teil 1. Der eine oder andere wird jedoch bei der obigen Beschreibung ins Grübeln kommen: Hoher Schwierigkeitsgrad? Die fast genau gleichen Elemente, die SMB 1 schon zum Welterfolg machten? Und wo zur Hölle steckt Oberkröte Bowser in meinem Modul?
Die Erklärung hierzu ist recht einfach: Als Nintendo of America einen eingehenden Blick auf SMB 2 werfen konnte, war man der Überzeugung, dass dieses Spiel vielleicht etwas für die fast schon krankhaft perfekt spielenden Japaner wäre, aber die meisten westlichen Spieler würden angesichts des hohen Schwierigkeitsgrades keinesfalls erfreut sein. Also nahm man einfach ein bisher nur in Japan veröffentlichtes und von Tezuka entwickeltes Spiel, das den Namen „Doki Doki Panic“ trug, entfernte die vier Hauptcharakter namens Imajin, Lina, Mama und Papa und ersetzte sie durch Mario, Luigi, Prinzessin Toadstool und Toad. Auch an der Geschichte und einigen Details wurde gefeilt: Nun galt es nicht mehr zwei Kinder, die in ein magisches Buch geraten und von der Kröte Wart gefangen genommen worden sind, zu befreien. Stattdessen fanden die vier Mario Charaktere beim Picknicken eine Tür vor, die sie in das Land Subcon führte. Die einst friedliche Nation leidete schwer unter der Herrschaft des selbst ernannten Königs Wart. Koopa-Panzer und Pilze wurden ebenso in das „falsche“ Mario Spiel eingefügt, wie kleinere grafische Updates, wie die vermehrte Verwendung von animierten Sprites im Spiel.
Trotz all dieser Änderungen fühlte sich „unser“ Super Mario Bros. 2 niemals wirklich wie ein Super Mario Titel an. Kein Wunder, unterschied sich Doki Doki Panic schon von seinem behäbigeren Handling enorm von SMB. Gegner blieben bei einem Sprung auf die Rübe unbeeindruckt und liefen stattdessen einfach weiter ihres Weges. So half nur die logischste aller Waffen weiter: Frisch gepflücktes Gemüse. Die Vitamin-Bomben wurden aus der Erde gezogen und frech auf die Feinde gedonnert. Auch die Feinde konnten, mit Ausnahmen, rücksichtlos getragen und hinfort geworfen werden. "Unser" Super Mario Bros. 2 wird bis heute als schlechtester Teil der Reihe gehandelt. Hätte NoA den Spielern diese Scharade erspart und Doki Doki Panic (neben dem originalen SMB 2 natürlich) 1:1 in den Westen gebracht, würde das Spiel heute mit Sicherheit einen weit besseren Ruf besitzen, da es im Kern doch ein absolut überzeugendes Jump'n'Run war. Interessanterweise scheint dies auch Shigeru Miyamoto aufgefallen zu sein und so finden sich nicht nur viele Figuren wie Shy Guys und Bob-Ombs in anderen Teilen der Reihe wieder, auch einige Gameplay-Elemente wurden Jahre später für Donkey Kong (GB, 1994) wieder verwendet. Amerikanische und europäische Videospielfreaks konnten in der Vergangenheit schon zweimal das originale Super Mario Bros. 2 spielen, allerdings nicht in der Famicom-Urfassung. So lagen sowohl Super Mario Allstars (SNES) als auch Super Mario Bros. DX (Game Boy Color) mehr oder weniger modifizierte und vereinfachte Fassungen von SMB 2 bei. Erst mit dem Virtual Console Release des Spiels im Jahre 2007, war es ganze 21 Jahre (!) später erstmals möglich, die Fassung in ihrer ungekürzten und unveränderten Ur-Version zu spielen.
1988: Super Mario Bros. 3 – Mit Waschbärschwanz zur Weltherrschaft
Marios Popularität war inzwischen nicht mehr zu überbieten und unzählige Merchandising-Artikel bevölkerten den Markt, ebenso wie eine US TV-Serie mit Real- und Trickfilmsequenzen und mehreren inzwischen fast unbekannten Animes, die ihre Heimat im Land der aufgehenden Sonne jedoch niemals verlassen haben. Doch Miyamoto wollte es sich nicht zu einfach machen, war doch schon die schnelle Fortsetzung SMB 2 gegen seine eigenen Richtlinien, nach denen sich ein Sequel deutlich vom Vorgänger absetzen sollte. Das Team, welches inzwischen auf gut zehn Mann angewachsen war, bekam schließlich eine zweijährige Entwicklungszeit für das dritte Bros. Abenteuer gewährt. Und was würde besser zur Inspiration dienen, als ein Besuch zu einem Ort voller Magie? Also machte sich Miyamotos Kreativtruppe auf ins Disneyland Florida und sammelte dort Eindrücke und Ideen für Super Mario Bros. 3.
Eine der ersten dieser Ideen war es, Mario diesmal die Möglichkeit zu geben, sich in einen Zentauren zu verwandeln, einem Wesen aus der griechischen Mythologie, das zwar einen menschlichen Oberkörper besaß, der Rest aber aus den Körperteilen eines Pferdes bestand. Zwar wurde dieser Gedanke schnell wieder verworfen, doch wurde damit das Konzept der unterschiedlichen Verwandlungsforem und Kostüme Marios aus der Taufe gehoben. Mario konnte dank eines Waschbärschwanzes nicht nur erstmals fliegen, sondern als Frosch-Mario auch wesentlich flinker schwimmen, als Hammer-Mario die gleichnamigen Werkzeuge durch die Gegend werfen und sich mit einem Waschbäranzug gar für kurze Zeit in eine Statue verwandeln, sodass Bösewichte ihn einfach ignorierten. Das Leveldesign machte kolossale Sprünge, wurden die Stages doch um einiges komplexer und kreativer, als jene im ersten Teil der Reihe und erneut gespickt mit versteckten Geheimnissen, Inhalten und neuen Spielideen. Von Ebbe- und Flut-Stages, über labyrinthartige Minischlösser und Türen, die Mario zum Riesen werden ließen, bis zu diagonalen Autoscroller-Levels (!) wartete das Spiel mit einem nie gekannten Einfallsreichtum auf. Während der Rest der Videospielwelt verzweifelt versuchte, Super Mario Bros. adäquat zu kopieren, schien sich Miyamotos Truppe mit SMB 3 schon wieder in ganz andere Sphären aufzuhalten. Auch die später viel kopierte Übersichtskarte wurde mit diesem Spiel eingeführt, was wiederum dazu führte, dass der Spieler nun nicht mehr stur von Level A nach Level B musste, sondern bei mehr als einer Gelegenheit eine eigene Route verfolgen konnte. Den i-Punkt schließlich setzte der Zweispielermodus, den man immer wieder für eine kleine Partie klassisches Mario Bros. unterbrechen konnte - damals ein absolutes Novum.
Im Gesamtbild betrachtet, wurde das gesamte Spiel mit dem Thema der Weiterentwicklung und Erweiterung durchzogen, egal ob man sich nun das Gameplay, das stark erweiterte Mushroom Kingdom (mit seinen neuen Provinzen und Königen) oder gar den Fortpflanzungstrieb der Gegner anschaute: So schwirrten plötzlich nicht nur Blubbers und Gumbas mit ihren Kindern im Anhang herum, sogar Bowser präsentierte dem Spieler plötzlich seine sieben Gören. Deren Vornamen sind im übrigen nicht ganz zufällig gewählt worden: Namen wie Larry (King), Morton (Downey Jr.), Wendy O. (Williams), Iggy (Pop), Roy (Orbison), Lemmy (Kilmister) und Ludwig van (Beethoven) werden dem einen oder anderen sicherlich geläufig sein. Eher unbekannt ist es, dass die teils abgefahrene Haarpracht der Koopa-Brut, den Frisuren des Entwicklerteams nachempfunden worden sein soll… Eine interessante Parallele zum Kinderreichtum in SMB 3 könnte auch durch einen Vergleich mit den damals aktuellen Umständen Miyamotos hergestellt werden, da dieser inzwischen Vater einer Tochter und eines Sohnes geworden war.
Um das Meisterwerk in den Vereinigten Staaten in aller Munde zu bringen, startete Nintendo of America einen der cleversten Werbecoups überhaupt und arbeitete hierfür mit einem Filmproduzenten zusammen: Im Weihnachtsfilmhit „The Wizard“ liefen drei Kids von zu Hause weg, um an einem großen Videospiel-Contest teilzunehmen. Am Ende gelang einem der Kids natürlich der Sprung ins große Finale des Tuniers, bei dem, ihr ahnt es schon, Super Mario Bros. 3 gespielt wurde – und das fast drei Monate vor dem US Release. In Zeiten vor der großen Internetwelle, vor Foren, Chatrooms und Newsseiten und vor einer ausgewachsenen Medienlandschaft zum Thema Videospiele, war dies die mit Abstand größte Bezugsquelle für Material zum Spiel. So avancierte die Kinoleinwand minutenlang zur Werbefläche für das dritte Klempnerabenteuer, wobei viele Besucher des Films tatsächlich hauptsächlich wegen dieser Szenen in den Streifen gingen, der mit (damaligen) bekannten Gesichtern wie Fred Savage und Christian Slater besetzt war. Der Hype um SMB 3 war in den USA ohne Beispiel - anders als in Europa. Da sich das NES hierzulande nur schwer gegen die übermächtige Front der Heimcomputer-Benutzer durchsetzen konnte, entfiel ein vergleichbares Chaos
Letztendlich verkaufte sich Super Mario Bros. 3 weltweit über 18 Millionen mal und ist damit bis zum heutigen Tage das meisterverkaufte Spiel aller Zeiten, welches nicht zuerst in einem Bundle mit der Konsole erhältlich war. Müssig zu sagen, dass dieses Spiel Marios Status als Superstar der Branche noch weiter festigte und die Welt der Mario Spiele um ein Vielfaches ausbaute.
1990: Super Mario World – Now you playing with super power!
Da das Sega Genesis (Mega Drive) in den USA immer mehr an Fahrt und vor allem Marktanteilen gewann, musste Nintendo endlich handeln: Zu lange hatte man die Konkurrenz gewähren lassen, die sich in Werbekampagnen schon lustig über den lahmen Videospiel-Riesen machte ("Genesis does what Nintendon't") und so wollte Yamauchi zum Launch des Super Famicom (Super Nintendo) wieder mit einem starken Titel als Flaggschiff auftrumpfen. Dass dieser den vierten Spross der Super Mario Spiel darstellen sollte, war angesichts der Verkaufszahlen und Beliebtheit der Reihe absolut verständlich.
Schon zur Endphase der Entwicklung von SMB 3 versammelten sich die Mitglieder des Mario Teams, um an Konzepten für dessen Nachfolger zu arbeiten. Erste Beta-Szenen des Spiels zeigten die Absicht, den im dritten Super Mario eingeführten Waschbär-Mario auch in SMW wieder einen Platz geben zu wollen. Doch das Team hielt wohl nichts mehr von Marios animalischer Seite. Stattdessen nahm ein (im Vergleich variantenreicheres) Cape die Funktion des Flug-Items ein. Eine weitere Idee lag seit 1985 auf Eis und konnte nun endlich umgesetzt werden: Nach der Entwicklung von SMB (1) wollte man Mario in zukünftigen Episoden eine Art Reittier mit auf dem Weg geben. Da aber die Technik des NES hier kein befriedigendes Ergebnis lieferte, verschob man dieses Konzept bis zu jenem Moment. Zuerst als Esel konzipiert, wurde aus dem Reittier letztendlich ein liebenswerter Dinosaurier namens Yoshi. Durch dessen Fähigkeit verschiedenste Gegner einfach mit der langen Zunge zu schnappen und hinunter zu schlingen, gab es nicht nur gleich ein neues Gameplay-Element, die Story bekam auch ihren Rahmen: Mario, Luigi und Prinzessin Toadstool waren endgültig Reif für die Insel und suchten sich für ihren Urlaub eine kaum bekannte Inselkette aus, die allenfalls als Dinosaurierland bekannt war. Doch kaum ließen die beiden Brüder die holde Dame mal alleine, wurde sie auch schon von König Bowser gemopst, der leider ausgerechnet auf dieser Inselkette nach SMB 3 mit seinem Luftschiff notlanden musste (Zufälle gibt’s...). Im Schlepptau hatte er natürlich auch wieder seine sieben Kinder, die seit diesem Teil nicht mehr in der Super Mario Reihe auftauchten, 1993 noch einmal einen Auftritt im Lightgun Shooter "Yoshis Safari" (SNES) hatten und erst 2003 wieder in "Mario & Luigi" für den GBA ein kleines Comeback feierten.
Der Name war bei Super Mario World Programm: Der Spieler konnte dank der deutlich ausgebauten Weltkarte nun um einiges freier und eigenständiger als in den Vorgängern einen Weg zu Bowser finden - dank der Sternenstrasse war es sogar möglich, innerhalb von ein paar Minuten Spielzeit schon an Bowsers Hintertür anzuklopfen. Zum Glück wurde dem Spiel, welches in Japan als „Super Mario Bros. 4 - Super Mario World“ veröffentlicht wurde, diesmal auch eine Speicherbatterie mit auf dem Weg gegeben. Damit stellte nicht mehr das Erreichen von Obermotz Bowser das alleinige Spielziel dar, sondern die Entdeckung aller 96 Level bzw. Ausgänge. Denn erstmals gab es in vielen Levels mehr als nur einen Levelausgang, der dem Spieler, wenn er ihn dann entdeckt hatte, vollkommen neue Wege auf der Weltkarte offen legen konnte. Da die Levels beliebig oft besucht werden konnten, entstand eine völlig neue Art Dynamik. In die Itembox gepackte Items oder Yoshis konnten und sollten von einer Stage in die andere mitgenommen werden. Damit wurde auch die Kritik einiger Mario Fans relativiert, die mokierten, dass Super Mario World seinem direkten Vorgänger zu ähnlich war. Da diese Kritik allerdings auf höchsten Niveau stattfand und auch heute noch heftig darüber gestritten wird, welcher der beiden Super Mario Episoden nun die bessere sei, kann man leicht darüber hinwegschauen. Mit der nötigen Distanz betrachtet fällt allerdings auf, dass die Spielbarkeit bei SMW tatsächlich noch besser und einsteigerfreundlicher gelang und vor allem das in der vertikalen zugenommene Leveldesign erneut ausgeklügelter wirkte. Und auch die Verlagerung auf die Erforschung neuer Levels, setzte den Titel positiv vom Vorgänger ab. Das Potenzial der Weltkarte wurde erfasst und im Gegensatz zum letzten NES Ableger voll ausgeschöpft. Selbstverständlich hatte auch die größere Leistungsfähigkeit des SNES mitzureden und so wirkte Marios Welt aufpolierter, lebendiger und farbenfroher denn je und kam nun einen Cartoon sehr nahe. Sorgte in SMB 3 noch der ständige Einsatz von Holzelementen in der grafischen Gestaltung für einen gleichzeitig bizarren und unverwechselbar charmanten Look, zeigte das Dinosaurierland mit säulenartigen, blauen Bergen im Hintergrund, einer Schokoladeninsel und der traumhaften Sternenstrasse eigenes Profil. Auch Koji Kondo profitierte vom SNES - Sonys genialer Soundchip ließ das Reggae- und Jazz-Feeling seiner Komposition doch um einiges besser rüberbringen, als es noch zu kratzigen 8-Bit Tagen der Fall war. Obwohl fast im gesamten Spiel über das gleiche Thema zu hören war (welches vom Ohrwurmgehalt sogar dem originalen SMB Thema Konkurrenz machte), schaffte er es durch verschiedenste Variationen der Melodie, dass der Spieler auch nach stundenlangen Mithören noch dazu pfeifen wollte.
Super Mario World erschien als SNES Launchtitel am 9. November 1990 im Land der aufgehenden Sonne, verkaufte sich über 20 Millionen Mal und hatte einen nicht geringen Anteil am Erfolg von Nintendos 16-Bitter. Zudem musste sich Mario in den USA diesmal mit einem deutlich stärkeren Gegner messen, als all die Jahre zuvor: Sonic wurde zu Segas Vorzeigetitel auf dem Mega Drive und markierte den Anfang der zweiten „großen Jump'n'Run Serie“ zu Beginn der Neunziger. Trotzdem reichte Segas Maskottchen, dessen Spiele ohne Zweifel von sehr hoher Qualität waren, weder von der Spielbarkeit, noch von den Verkaufszahlen an den Genreprimus heran.
1990 - 1994: Starring: Mario – Marios weitere Auftritte
Zwar sollte es nun ganze fünf Jahre bis zum nächsten Super Mario Teil dauern, doch war der kleine Klempner in dieser Zeit alles andere als untätig: So entstand z.B. unter dem Game Boy Erfinder Gunpei Yokoi die Super Mario Land Reihe für seinen Handheld. Die Spiele konnten natürlich nicht mit Miyamotos Werken mithalten, doch gaben sie den Fans das nötige Jump'n'Run Futter in der Mario-losen Zeit. Während SML 1 noch stark auf den ersten SMB Teil basierte, nahm sich SML 2 schon das SNES Abenteuer Marios als Vorbild, bis sich die Serie wandelte und man die Eigenkreation Wario in den Vordergrund der Reihe stellte, der in SML 2 noch als reiner Bösewicht fungierte.
Einen weiteren Meilensteil legte Nintendos Aushängeschild 1992 mit Super Mario Kart: Durch die Verwendung von typischen Mario Elementen wurde ein vollkommen neues Genre geschaffen, welches man heute allgemein als „Fun Racer“ tituliert. Mario und seine Freunde fuhren auf unzähligen 3-D Kursen (dem Mode 7-Effekt des Super Nintendos sei Dank) im Kart um die Wette und setzten dabei verschiedene Extras ein, die sie auf der Strecke einsammeln mussten. Dabei geht das Konzept, des in einem Kasten zum Abruf bereitstehende Extras, auf SMW zurück, bei dem der Spieler einen Superpilz, eine Feuerblume oder eine Feder für brenzlige Situationen aufbewahren konnte. Dieses Vorgehen, bei dem gezielt Elemente aus der Super Mario Serie entliehen werden, um einem Genre einen völlig anderen Dreh zu verleihen, findet seine Fortsetzung bis zum heutigen Tag und erlebte mit SMK seine Geburtsstunde.
Auch in einem anderen Gebiet nahm der Schnauzbartträger eine Vorreiterrolle ein, als 1993 der Super Mario Bros. Spielfilm in die Kinos kam. Während der Film durchaus einige Stars zu bieten hatte, wie Bob Hoskins in der Rolle von Mario und Dennis Hopper als König Koopa (!), versagte der 40 Millionen Dollar teure Streifen ebenso an der Kinokasse, wie bei den Kritikern und Fans. Anstatt die Schauplätze und Charaktere originalgetreu darzustellen, veränderte man sie so sehr, dass am Ende nicht viel mehr als die bloßen Namen übrig blieben. Als wäre dies nicht genug, ließ auch das sehr schwache Drehbuch dem Film keinerlei Chancen. Eine schon angedeutete Fortsetzung wurde so verständlicherweise niemals Realität.
Zu Recht enttäuschte Fans konnten sich wenigstens mit der Compilation Super Mario All-Stars trösten, die ihnen nicht nur SMB 1-3 im modernen 16 Bit Gewand präsentierte, sondern erstmals auch das japanische SMB 2 in den Westen brachte.
1995: Super Mario World 2: Yoshi's Island – Das Erreichen der Perfektion
Meister Miyamoto schien erst einmal genug vom Pilzkönigreich zu haben und verwies bei Fragen auf ein eventuelles Super Mario World 2 schon auf die nächste Konsolengeneration. In Wahrheit jedoch war dies nur eine Finte und das Mario Team begann schon kurz nach dem Abschluss von Super Mario World mit den Arbeiten an der Fortsetzung. Der Mario-Vater wollte jedoch nicht wieder in die gleiche Kerbe wie mit SMW schlagen, denn schon dieses Spiel stellte für ihn lediglich eine Evolution dar. Diesen Weg erneut zu gehen, erschien ihm ebenso langweilig wie falsch. Gerade richtig schien da ein Projekt zu kommen, an dem Nintendo zusammen mit den Technikprofis von Argonaut arbeitete: Das wohl größte Manko des Super Nintendos war die viel zu langsame CPU, wie leidgeprüfte Entwickler damals immer wieder zu Protokoll gaben. Man erinnere sich an flackernde und ruckelnde Frühwerke wie R-Type. Also entwickelten die beiden Firmen einen Zusatzchip, der fortan als Super FX Chip in den Modulen seinen Dienst verrichten sollte. Praktischer Nebeneffekt: Die zusätzliche Power reichte damit auch erstmals für Spiele aus, bei denen Polygone zum Einsatz kamen. Noch während Nintendo am ersten Titel mit Polygonen arbeitete (Star Wing), machte das Mario Team mehrere Experimente mit einem Super Mario World Nachfolger in 3D. Nach einiger Zeit jedoch stellte man fest, dass man auch mit diesem Hilfsmittel niemals einen zufrieden stellenden dreidimensionalen Auftritt von Mario auf dem SNES zustande bringen würde und konzentrierte sich so lieber noch ein letztes Mal auf einen Nachfolger in der zweiten Dimension. Jedoch behielt man die zusätzliche Rechengeschwindigkeit des Super FX-Chips bei und entwickelte mit dem Spezialchip im Hinterkopf, ein so vollkommen anderes Mario-Spiel, dass sich viele am Ende aller Tage zunächst sträubten, den fertigen Titel überhaupt zur Reihe dazu zu zählen..
Endlich machte man mit der Legende von dem angeblich aus Brooklyn stammenden Brüderduo ein Ende und schloss damit endgültig die reale Welt aus dem Mario Universum aus. Gleichzeitig erzählte das Mario Team die Vorgeschichte der Saga: Bowser war noch ein kleines Gör und überließ die wichtigen Staatsgeschäfte noch seinem treuen Hofmagier Kamek. Dieser sah aber in einer Vision die Geburt eines Zwillingspaares voraus, die dem Koopa Königreich in naher Zukunft mehr als ein Dorn im Auge sein würden. Um sich dieser anbahnenden Gefahr frühzeitig zu entledigen, überfiel Kamek den Kurierstorch, der die beiden zu ihren Eltern hätte bringen sollen. Dem Überfall war jedoch nur ein Teilerfolg und während sich Luigi in den Fängen der Schildkröten befand, plumpste Baby Mario vom Himmel und landete genau auf den Rücken eines Yoshis. Und damit begann eine der radikalsten Fortsetzungen aller Zeiten, bei der sogar der einstige Hauptdarsteller Mario durch die beliebten Dinos ersetzt wurde. Erst durch diesen Schritt war es möglich, vollkommen neue Gameplay Elemente in die Serie einzubringen, wie Miyamoto auch selbst später anmerkte: „Es war sehr schwer, einen wirklich würdigen Nachfolger zu designen. Dies ist auch einer der Gründe, weshalb wir uns mit Yoshi als Hauptcharakter ganz neue Möglichkeiten erschlossen haben – Mario schien uns wirklich ausgereizt.“ Das prägnanteste Hauptelement stellten hier sicherlich die Eier dar, die Yoshi, nach dem Verzehr eines Gegners, werfen konnte. Durch den Gebrauch diesr Wurfgeschosse konnten nicht nur Gegner, von denen es die rekordverdächtige Summe von über 150 Typen gab, abgeschossen, sondern auch Schalter aktiviert und weit entfernte Gegenstände eingesammelt werden. Da die Sprungpassagen mit Yoshi durch seinen Flatterflug erheblich einfacher geworden sind, musste man den Spieler mit einem weiteren neuen Element fordern: Bei der Berührung eines Gegners, schwirrte Baby Mario plötzlich in einer Blase umher und dem Spieler standen nur noch ein paar Sekunden zur Verfügung, um den Hosenmatz wieder zurück zu bekommen. Als Nintendo ihren Testspielern diese Spielmechanik vorführte, kümmerten sich diese aber nicht rechtzeitig um Baby Mario, sodass er von den Dienern Kameks geschnappt wurde. Also wurde das Soundsample eines schreienden Babys unter die Aktion gelegt und schon nahm die Aufmerksamkeit, ebenso wie die Hektik der Testspieler, deutlich zu.
Zwar war die Weltkarte des Spiels diesmal nur noch schmuckes Beiwerk und diente zur rein linearen Auswahl der Stages, doch stellte dafür das Leveldesign den absoluten Höhepunkt der Reihe und wohl auch des gesamten Genres dar. Miyamotos Mannen stopften die Welten mit unzähligen Geheimnissen voll und trieben die Spieler zur Höchstmotivation, für die eine Übersichtstafel am Ende eines Level, die den Spielern Auskunft darüber gab, wie viel sie wirklich entdeckt haben, eine nicht geringe Schuld trug. Der Super FX 2 Chip, der am Ende im finalen Modul seinen Dienst verrichtete, wurde vornehmlich für absolut geniale und spektakuläre Endgegnerfights eingesetzt, wie man sie zuvor in einem Plattformgame noch nicht gesehen hat. Und auch für die Rotation und Stauchung von Objekten in allen Himmelsrichtrungen und Größen wurde der Chip höchst intelligent eingesetzt, anstatt lediglich als reines Augenfutter zu dienen.
Als Nintendo im Sommer 1995 praktisch über Nacht Super Mario World 2: Yoshi's Island aus dem Hut zauberte, überraschte man damit die gesamte Videospielwelt. Nintendos Geheimniskrämerei hatte ganze Arbeit geleistet, denn in all den Jahren zuvor war niemals eine Information über den SMW Nachfolger an die Ohren der Öffentlichkeit gedrungen, zumal sich die ganze Konsolenwelt schon mitten in der Diskussion um die Nachfolgekonsole Ultra 64 (Nintendo 64) befand und sich schon mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass erst auf der dortigen Plattform mit einem SMW Nachfolger zu rechnen sei. Einen guten Eindruck von der Überraschung gibt das Editorial der Total! 09/95 (unter Kennern bis heute als das beste deutschsprachige Nintendo-Magazin bekannt). So berichtete der Chefredakteur von einem plötzlichen Anruf Nintendo of Europes in der Redakton. Die Worte des Nintendo-Offiziellen am anderen Ende der Leitung lauteten: "Wir wissen ja nicht ob es euch interessiert, aber wir haben hier ein neues Spiel. Ein neues Mario Spiel. Wir haben die Fortsetzung zu Super Mario World hier."
Bei seiner Veröffentlichung konkurrierte YI mit dem zweiten Teil der ungeheuer populären Donkey Kong Country Reihe und musste sich in Sachen Verkaufszahlen, vor allem in den USA, geschlagen geben. Während die DKC Reihe nicht zuletzt aufgrund ihrer für damalige Verhältnisse unglaublichen Grafik im Fokus des Interesses stand, kam YI mit einem einzigartigen Zeichenstil daher, der an Wachsmalkreidezeichnungen erinnerte, womit Miyamoto die Wärme solcher Bilder auf die Spielatmosphäre und den Spieler übertragen wollte. Eine Legende berichtet, dass dies aber nicht die ursprünglichen Pläne für die Grafikgestaltung von YI waren: Zunächst soll der Titel seinem Vorgänger recht ähnlich gesehen haben, was aber zur Einmischung der Marketingabteilung Nintendos führte. Darauf pochend, dass moderne Rendergrafik derzeit das Mass aller Dinge sei, kritisierte diese den Grafikstil von Yoshi's Island. Doch anstatt sich diesem Urteil zu beugen, ging Miyamotos Team einen bewusst noch gewagteren Weg und heraus kam der oben beschriebene Grafikstil. Letztendlich wurde die „moderne Rendergrafik“ lediglich im Vorspann eingesetzt. Wieviel an dieser Legende wahr ist, bleibt der Fantasie überlassen. Sicher ist hingegen: Das gegenüber Rares Affentheater schlechtere Abschneiden von Yoshi's Island bei den amerikanischen Kunden sorgte für eine leicht verbitterte Aussage Miyamotos, nach der er gesagt haben soll, die Amerikaner würden doch alles kaufen, solange ihnen die Grafik gefalle… Am Ende entscheidet aber immer die Zeit über ein Urteil und inzwischen wird dem Höhepunkt aller 2D Jump'n'Runs, dem die Total damals in ihrem Test sogar die Ausnahmewertung 1+ wert war, verdientermaßen weit mehr Anerkennung zugesprochen, als der DKC Reihe.
Yoshi's Island sorgte gleichzeitig auch für den Startschuss der Yoshi Franchise, denn viele Mechanismen im Gameplay von Spielen wie Yoshi's Story und Yoshi Touch & Go gehen auf den fünften Super Mario Teil zurück.
1996: Super Mario 64 – Die Neuerfindung
Es war eine mehr als turbulente Zeit für EAD, als am 5. August 1995 und nach über vier Jahren Entwicklungszeit SMW 2 in den japanischen Geschäften lag und man schon mitten in den Arbeiten des ersten Mario Abenteuers in der dritten Dimension steckte. Da dieses Mammutwerk höchste Priorität erforderte, kehrte Miyamoto erstmals seit NES Tagen wieder auf den Stuhl des Directors zurück, übernahm aber gleichzeitig auch noch die Funktion des Producers. Schließlich sollte dies der Titel werden, der den Unterschied zu den 32-Bit Konsolen und der Power des Nintendo 64(-Bitters) zeigen sollte.
Die Idee, dass der Controller des N64 mit einem Analogstick ausgestattet werden sollte, entstand tatsächlich erst während der Arbeit an Super Mario 64, da das Spiel beim Startschuss der Entwicklung zunächst mit einer Computertastatur und später mit modifizierten SNES Pads gesteuert wurde. Miyamoto war in dieser Phase der Entwicklung fast immer an den jeweils aktuellen Versionen des Titels anzutreffen und investierte enorm viel Zeit, mit Mario und einem kleinen Hasen namens MIPS (benannt nach dem Prozessor des N64 und auch noch in der Endversion des Spiels anzutreffen) in einem dreidimensionalen Garten herum zu spielen. In dieser Phase entstanden bereits alle Bewegungen und Moves von Mario, die vor allem auf eine sehr guten Physik basierten. Trotz der Vielfalt an Bewegungen wollte Miyamoto absolut sicher gehen, dass die Steuerung niemals überladen wirkte. Viel Kopfzerbrechen bereitete den Programmierern vor allem die Perspektive des Spiels. An einem Punkt der Entwicklung besaß das Spiel sogar einmal eine fixierte Kamera, die das Spielgeschehen aus einer isometrischen Perspektive einfing, bevor es gelang, eine für den Spieler leicht zu bedienende Kamera designen zu können. Von diesem wichtigen Meilenstein aus ging es Nintendo in erster Linie darum, für die große Präsentation des Nintendo 64 und des Flaggtitels im November 95 auf der eigenen Hausmesse des Konzerns gerüstet zu sein und eine aussagekräftige Demoversion vorzeigbar zu haben. Das war im Rückblick betrachtet keine schlechte Zielsetzung, denn die damalige Shoshinkai (Spaceworld) war für viele eine Enttäuschung, die nach einer jahrelangen Wartezeit auf Nintendos neuen Konsolenstreich gehofft hatten: Anstatt zehn anspielbarer Titel, wie im Vorfeld angekündigt, waren lediglich Super Mario 64 und Kirby Bowl 64 (aus dem viel, viel später schließlich Kirby Air Ride für den GameCube werden sollte) in spielbaren Vorversionen anzutreffen. Außerdem war die Fachwelt anhand der Pläne von Firmenboss Hiroshi Yamauchi, der immer noch auf Modultechnik setzte, reichlich skeptisch. Zumindest der revolutionäre Controller und das sich in einem noch sehr frühen Stadium befindliche SM 64 konnte einige Besucher zufrieden stellen, wenn dies auch gleich zum nächsten Problem führte: Wie sollte ein Titel, der im November 95 gerade einmal zu 30% fertig gestellt war, schon am 21. April 96 in den japanischen Kaufhäusern stehen? Und selbst Miyamoto gab in Interviews ganz unverhohlen zu, dass er eigentlich noch gerne Zeit bis zum August 96 hätte.
Das Konzept des Spiels nahm nach der Shoshinkai endlich Gestalt an: In jedem Level sollten Missionen erfüllt werden, die der Spieler durch das vollkommen freie Leveldesign auf verschiedenen Wegen erfüllen konnte. Dieses grundlegende Design sollte in den Jahren danach noch unzählige Male kopiert werden und zum Vorbild der bekanntesten 3D Jump'n'Runs werden. Doch wie befürchtet worden war, konnte der Termin nicht eingehalten werden und der komplette Launch der neuen Hardware wurde auf den 23. Juni 1996 verschoben. Auch ein Zeichen dafür, wie wichtig Super Mario 64 für Nintendo geworden war, denn nach dem Urteil vieler Kritiker hing nun nicht weniger als die Zukunft der Konsole und damit auch des Unternehmens von diesem Titel ab.
Die nun folgenden Wochen waren für das gesamte Team, welches inzwischen auf Rekordgröße angewachsen war (praktisch jeder Mitarbeiter von EAD beteiligte sich nun an der Fertigstellung von SM 64), eine einzige Tortur. Es wurde mehr und mehr zur Gewohnheit, mehrere Tage ohne Schlafpause am Spiel zu arbeiten. Sogar die Ehefrauen der Mitarbeiter, normalerweise schon zur Genüge leidgeprüft, ließen ihren Unmut über diese extremen Zustände verlauten, was selbst Tezuka lautstark von seiner Frau mitgeteilt wurde. Noch bedenklicher entwickelte sich Miyamotos Gesundheit, mit der es während dieser Zeit rapide bergab ging. Sogar der Pressesprecher der Firma äußerte sich in den Wochen vor dem Launch besorgt über die Gesundheit des Vaters von Mario. Miyamoto bat zwar bis zuletzt um eine nochmalige Verschiebung und einen Release in der Nähe des Weihnachtsgeschäftes, aber nachdem diese Bitte auf Ablehnung in der höchst nervösen Chefetage stieß, schaffte es das Team dennoch in einem gewaltigen Kraftakt Super Mario 64 zusammen mit dem N64 am 24. Juni 1996 zu releasen. Und dies quasi in letzter Sekunde, am Ende der Entwicklung wurden Ideen und Grafiken entweder direkt und ohne Umschweife in das Spiel eingefügt oder gänzlich verworfen. So soll Yoshi ursprünglich auch wieder als Reittier geplant worden sein, am Ende begrüßte er den Spieler nur noch auf dem Dach des Schlosses der Prinzessin, wenn das Spiel komplett durchgespielt war und verschenkte 100 Extraleben. Mindestens ein Programmierer soll nach den Arbeiten an SM 64 seinen Job an den Nagel gehängt haben, da ihn der gewaltige Stress komplett ausgebrannt hatte, wie Giles Goddard (der für Marios Gesicht im Titelbildschirm verantwortliche Programmierer) berichtete.
Nicht nur von der reinen Perspektive hatte sich Marios Welt weiterentwickelt, viele Elemente wie das Schloss der Prinzessin (deren japanischer Name nun zum Vornamen wurde und sie seither als Peach Toadstool bekannt war), in dem das Spiel vornehmlich stattfand und in dessen Gemäuern sie auch von Bösewicht Bowser festgehalten wurde, oder die Stimmen der Charaktere sind seit Super Mario 64 fester Bestandteil von Marios Welt. Apropos Stimmen: Gerade weil Mario nun endlich eine Stimme bekam, gewann sein Charakter um einiges an Charme hinzu. Die sehr hohe und mit italienischem Akzent ausgestattete Stimme stammte von Charles Martinet. Der US-amerikanische Synchronsprecher und Schauspieler (The Game, Nine Months, unzählige Werbefilme für Firmen wie u.a. Microsoft, IBM und Apple) lieh dem Klempner schon seit 1991 auf diversen Messen seine Stimme. Hinter der Stimme der Prinzessin steckte hingegen keine professionelle Sprecherin. Sie wurde damals von Leslie Swan, einer Übersetzerin von Nintendo of America, gesprochen, die ihr noch einen Schuss Grazie in die Stimme legte, was ganz im Gegensatz zur späteren Peach-Stimme von Jen Taylor stand, wie es später noch zu berichten gibt.
Wie Balsam für die Seelen der geschundenen Mitarbeiter musste da der Erfolg des Spiels gewesen sein: Erst stand der Titel im Mittelpunkt der E3 96, wie kein Spiel zuvor oder danach. Die Begeisterungsstürme gingen so weit, dass eine ganze Reihe von Entwickler ihre Titel, unabhängig davon ob es sich dabei um Plattform-Spiele handelte, massiv verschoben und hinter vor gehaltener Hand auf den anrollenden Meilenstein als Grund verwiesen. Kurze Zeit später folgte der herbei gesehnte Japan-Release des Nintendo 64, nebst Software. Einzig Super Mario 64 war es zu verdanken, dass Nintendo in den ersten Stunden eine Menge von 300.000 Konsolen in Japan an den Mann bringen konnte. Auch im Rest der Welt ließ das Meisterwerk die N64 Konsolen zum Launch fast alleine über die Ladentheken wandern und verkaufte sich insgesamt über zehn Millionen Mal. Wie schon Super Mario Bros. zuvor, definierte ein Mario Spiel das Videospiel neu, läutete diesmal das moderne 3D Zeitalter ein und wurde zur meist beachteten Blaupause seiner Zeit. Viele Spiele haben seither versucht, ebenfalls den Schritt in die dritte Dimension zu meistern und es existieren mit The Legend of Zelda: Ocarina of Time und Metroid Prime gleich zwei sehr bekannte weitere Beispiele für das Gelingen dieses Vorhabens. Doch keines dieser Spiele hatte dabei die Bürde eines Launchspiels zu tragen und gleichzeitig die Erwartungen an einer Revolution des Gamedesigns zu erfüllen. Dies alles hat Super Mario 64 mit Bravour gemeistert. Super Mario 64 sollte Miyamoto letzte Arbeit werden, für die er offiziell als Director von Anfang bis Ende des Projektes fungierte.
2002: Super Mario Sunshine – Ins Wasser gefallen?
Aufgepasst, denn die Dinge werden nun etwas komplizierter und wir müssen etwas weiter ausholen, um der Entstehungsgeschichte von Super Mario Sunshine gerecht zu werden. Direkt zum Release von SM 64 ließ Miyamoto verlauten, man habe unzählige Konzepte während der Entwicklung des Spiels nicht mehr einbringen können und werde demnach ziemlich bald an einem Super Mario 64 2 arbeiten, welches eventuell auf dem 64DD (mit Zip-ähnlichem Laufwerk ausgestattete Zusatzhardware für das N64) erscheinen werde. Dass der Meister nun bis Ende 1998 an dem Ocarina of Time Epos sitzen würde, hätte er sich bestimmt niemals träumen lassen. Hinweise über den SM 64 Nachfolger gab er indes immer wieder von sich, so auch in einem Interview im Juni 1998, in dem er darauf hinwies, dass ein Nachfolger auf Basis des Vorgängers recht schnell fertig wäre, er aber auch die Möglichkeit hätte, die Fortsetzung von Grund auf anders zu gestalten. Ende 1998 sprach Miyamoto dann von einem Prototyp des Spiels, der schon auf seinem Schreibtisch laufen würde – und zwar mit einem gleichzeitig steuerbaren Mario und Luigi. Jedoch wies er schon hier auf eine eventuelle Veröffentlichung auf einer gänzlich neuen Hardware hin. Wieder in einem Interview sprach der beschäftigte Mann im Januar 2000 davon, dass das neue Mario ein Spiel werden müsse, wie es zuvor kein vergleichbares Stück Software gab, sprich eine neue Spielerfahrung darstellen müsse. Wenn allerdings Mario nicht in dieses Konzept passen würde, könnte er z.B. auch Zelda als Basis nutzen. Diese Aussage ist sehr interessant und legt die Vermutung nahe, dass besagte Idee am Ende in Miyamotos Pikmin (2001, GameCube) ihren Weg fand und Nintendos Designer letztendlich entschieden, ein vollkommen neues Universum für dieses Grundkonzept aus der Taufe zu heben. Schließlich finden wir in Pikmin auch das Konzept zweier gleichzeitig kontrollierbarer Charaktere wieder – Held Olimar (in dessen Namen nicht ohne Grund der Name Mario versteckt ist) und die Pikmin-Horde konnten in einem bestimmten Rahmen unabhängig voneinander kontrolliert werden.
Die Spaceworld 2000 kam und Nintendo lüftete den Schleier um das Projekt Dolphin. Das Meerestier wurde zum GameCube und Big N führte der versammelten Fachwelt einige Demos und Trailer für ihr neues Konsolenbaby vor. Darunter fiel auch die so genannte Super Mario 128 Präsentation, die von Miyamoto selbst vorgeführt würde.
Diese als Grafikdemo verstandene Präsentation zeigte bis zu 128 Marios auf einem sich ständig im Wechsel befindlichen Untergrund. Für wenige Augenblicke liefen die Marios auf einer ebenen Fläche umher, im nächsten Momente wuchsen Berge aus dem Boden oder die Welt formte sich in Kugelform. Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, wie weit diese Demonstration die Zukunft vorweg nehmen würde. Miyamoto würde mehrere Jahre mit der Idee einer Spielwelt im Kugeldesign im Kopf jonglieren und viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, ehe sie ihren Platz fand. Erst die Spaceworld 2001 ließ dann endlich die Bombe platzen: Nintendo stellte Super Mario Sunshine, den offiziellen Kronerben des 64 Bit-Meisterstückes, vor. Auf den ersten Blick orientierte sich das Spiel im ersten Trailer stark an sein Prequel. Die beiden großen Innovationen von Super Mario Sunshine sollten das so genannte Geomorping und der Dreckweg 08/17 ausmachen. Die Technik des Geomorphings sollte dafür sorgen, dass gewaltigste Bauten plötzlich wie Pilze aus dem Boden herausschießen und die Spielwelten unter einer ständigen Bewegung stehen sollten. Mit dem Dreckweg 08/17 hingegen, einer sprechenden Maschine mit Wassertank und einer Düse, konnte Mario nun Wasser verspritzen und damit Verunreinigungen beseitigen, Gegner angreifen und durch neue Düsen einen Raketenrucksack oder einen Turboantrieb daraus machen. Für das Design der Pumpe standen zehn Kandidaten zur Auswahl, nachdem ein menschliches Design abgelehnt wurde und auch eine Spritzpistole nicht in Frage kam. Die Wahl fiel auf Dreckweg, wobei dieses Design niemals zu den Favoriten des Entwicklerteams gehörte, aber nach Ansicht der Designer besser in das Setting des Spiels passen würde, als die anderen Vorschläge.
Die Story, obwohl auf den ersten Blick etwas komplexer, ging altbekannte Wege. Mario machte mit Peach Urlaub auf einer Insel mit mediterranen Flair, doch ein sprichwörtlicher „Drecksack“ verschmutzte das dortige Inselparadies. Die örtliche Polizei sah Mario, den suspekten Touristen, schnell als Täter an. Es folgte ein Gerichtsverfahren an dessen Ende Mario zur Säuberung der kompletten Insel verdonnert wurde. Ein typischer Justizirrtum, aber da war der windige Staatsanwalt wohl auf eine Erfolgsmeldung aus..
Schon früh beschwerten sich Fans über die Grafik des Spiels, wobei vor allem die verschwommenen Texturen harscher Kritik ausgesetzt waren. Die optische Seite des Spiels machte eine kuriose Entwicklung durch, als die E3 2002 Version mit butterweichen 60 Frames und vielen netten Effekten die Kritiker stummer werden ließ, die fertige Verkaufsversion aber um einige dieser Spielereien beraubt wurde und die Software als Pointe nur noch mit halber Geschwindigkeit, sprich 30 Frames über den Bildschirm flackerte. Das gesamte Spiel machte bei seinem Release am 19. Juli 2002 in Japan einen, gerade für einen Super Mario Titel, ungewöhnlich unfertigen Eindruck, was leider auch für das Gameplay galt: Das sehr interessante Element des Geomorphings wurde brutal um das dahinter liegende Potenzial gebracht und fand in sehr unbefriedigender, simplifizierter Form Verwendung. Das Leveldesign wechselte sich zwischen grenz-genialen und fast schon langweiligen Arealen ab, einhergehend mit der Missionsgestaltung. Eben noch musste der Spieler einen riesigen Endgegner zur Strecke bringen, in dem er Sanddünen via Wässerung genau dann zum Wachsen brachte, wenn sich der arme Tropf genau darunter befand (und anschließend mit Karacho auf den Rücken landete), schon stand in der nächsten Mission ein weiteres, schlichtweg lieblos designtes Wettrennen mit Bowser Junior an. Fast schon legendär ist die langwierige (oder auch langweilige) Suche nach den in allen Leveln und der Oberwelt versteckten blauen Münzen. Viele dieser Münzen waren nur durch reinen Zufall zu entdeckten und so liegt der Anteil der komplett durchgespielten SMS-Spielstände deutlicher unter dem Niveau des Vorgängers. Und auch der Auftritt von Überdino Yoshi als Reittier, auf den die Fangemeinde mit besonderer Spannung gewartet hatte, war nicht wirklich überzeugend. Des Dinos Einsatz war viel zu selten gefordert, die Steuerung ungewohnt störrisch und so machte er deshalb am Ende den Eindruck eines schnell hineinprogrammierten Extras. In der Tat wurde Yoshi um mehrere, im ursprünglichen Gameplan angedachte Features gebracht, was ihn fast zur Bedeutungsloigkeit verdammte. Dagegen sorgten die unter Fans allgemein als „Retro-Levels“ bekannten Gebiete für die alte Begeisterung und einen wahrhaften Lichtblick des Spiels: Super Mario Sunshine spielte sich nicht zuletzt aufgrund des Dreckweg 08/17 etwas einfacher als SM 64, da während des Sprunges die Düsen des Gerätes Mario sanft über Abgründe gleiten ließen. Bei den Retro-Levels aber ging es, wie in den alten 2D Vorgängern, alleine darum, von Punkt A nach B zu kommen und dies über wildeste, rotierende Plattformenkonstruktionen. Und das alles ohne die Hilfe der sprechenden Maschine.
Wenige Bereiche von Super Mario Sunshine wurden nicht mit Kritik konfrontiert. So auch die Sprachausgabe. Im Gegensatz zu Super Mario 64 nahm die Quantität des gesprochenen Wortes enorm zu, nicht aber die Qualität. Jen Taylor, in der Rolle der Prinzessin, reizte die Gehörgänge mit einer viel zu piepsigen Stimme, die Peach zu einem Dummchen degradierte. Dabei konnte es die Dame besser, wie ihre Leistung als Cortana in der Halo Trilogie zeigte. Viel schwerer wog jedoch Scott Burns (ein amerikanischer Radiomodertor) als Stimme von Bowser. Die Oberkröte klang seltsam trottelig, als musste sich Bowser hörbar anstrengen, wie ein echter Badboy zu klingen. Zwar wurde Bowser außerhalb der Super Mario Reihe mehr und mehr als unfähiger Depp im Herrschergewand, quasi als Stromberg der Mario Welt, dargestellt, aber die gleiche Entwicklung wirkte in einem Teil der Originalreihe wie ein Fremdkörper. Fern schienen da die Tage, als Bowser mit Kriegsschiffen, Panzern und Kampfschiffen aufwarten konnte und in einem der Hölle nachempfundenen Reich lebte, wie zu Super Mario Bros. 3 Zeiten.
Fehlende Zeit in der Entwicklung wird oft als eines der Hauptargumente für das umstrittenste Super Mario Spiel überhaupt genannt. In der Tat machte Firmenboss Hiroshi Yamachi zum Ende der Nintendo 64 Ära eine folgenschwere Entscheidung, als er die Entwicklungszeiten künftiger Titel enorm beschneiden ließ. Die Verschiebungsorgien der auslaufenden N64-Ära hatten einen starken Eindruck auf den Mann an der Spitze hinterlassen. Das Konzept: Mehr Manpower sollte die fehlende Zeit wieder ausgleichen. Hier liegt aber ein weiterer Stolperstein verborgen, da damit viele Neulinge mit SMS ihre Hörner abstoßen mussten. Nicht zu unterschätzen sollte auch die Abstinenz von Shigeru Miyamoto während der Entwicklung sein. Seit Anfang des neuen Jahrtausends bestand dessen Aufgabe zunehmend in der Funktion eines Wächters über unzählige gerade in Entwicklung befindlicher Produkte, von denen vor allem Metroid Prime seine Aufmerksamkeit verlangte.
Geradezu ironisch wirkte es da, dass nicht wenige Videospielfreaks SMS am Ende der GameCube-Ära trotz aller Mängel als das beste 3D Jump'n'Run dieser Generation ansahen. Ein genauerer Blick auf die weiteren Genre-Vertreter der so genannten 128-Bit Generation schafft Verständnis. Während die meisten Jump'n'Runs innerhalb des 32/64 Bit-Zeitalters noch den Weg eines Super Mario 64 gegangen sind, beherrschten Genre-Hybriden oder Jump'n'Runs in der Light-Version den Markt in der Zeit danach. Sammelorgien in den 3D Jumpern der 32/64 Bit-Epoche sorgten für ein zunehmendes Desinteresse der Spieler und das Genre stagnierte. Tatsächlich wurden reine Plattformer eine Ausnahmeerscheinung und SMS war eine solche Ausnahme der Regel
2002 - 2005: Mario, wohin man blickt…
Das Universum der Super Mario Games war seit Bestehen der Reihe ein Sammelsurium für Charaktere und Themen, die auch in anderen Spielen ihre Gastauftritte feierten oder eine gänzlich neue Franchise schufen. Aber selbst für einige Mario Fans wurde es in den vergangenen Jahren etwas zuviel des Guten: Wie viele Mario Party Teile gibt es jetzt schon? Musste Mario denn wirklich in jeder Sportart sein Unwesen treiben, auf einer Tanzmatte das Tanzbein schwingen, als Flipperkugel herhalten oder sogar in einem EA Basketballspiel gegen menschliche Spieler antreten? Die Charaktere der Mario Welt sind für Nintendo inzwischen nicht nur das stärkste Markenzeichen und Aushängeschild geworden (die Zelda Reihe ist für den „normalen Mann auf der Strasse“ noch immer eine unbekannte Angelegenheit), sondern garantieren schon alleine durch ihre die Anwesenheit einen gewissen Verkaufserfolg. Da wäre es vom großen Konzern aus Kyoto schon reichlich dumm, diesen Bonus nicht zu nutzen, doch natürlich muss zugleich alles seine Grenzen haben: Mario darf nicht in zu vielen mittelmäßigen Softwaretiteln auftreten, ansonsten würde man dem Ansehen des bekanntesten Videospielcharakters aller Zeiten erheblichen Schaden zufügen. In der Cube-Ära wurde die Abhängigkeit von den Mario-Charakteren besonders auffällig. In diesen schwierigen Zeiten klammerte sich Nintendo an Mario und Co. wie an einem letzten Stohhalm. Exemplarisch sind die Auftritte von Mario, Luigi und Peach in NBA Street Volume 3 und SSX On Tour aus dem Hause EA zu nennen. Dass sich der Wind zu Gunsten Nintendos drehte, verrät ein Blick auf die Softwarelisten von Wii und Nintendo DS. Wünschenswert ist es allemal, denn die Spieler verbinden mit den „wirklichen“ Mario Spielen eben vor allem jene aus der Super Mario Reihe und ganz allgemein ein extrem hohes Maß an Qualität. Dass aber die vielen Remakes der Super Mario Games der Franchise schaden würden, hat sich dagegen nicht bewahrheitet, dort ist eher das Gegenteil eingetreten und viele junge Spieler entdecken, dass manch olle Kamelle auch heute noch locker die meisten neuen Games in die Tasche zu stecken vermag.
2006: New Super Mario Bros. - Zurück zu den Wurzeln
Super Mario Sunshine musste sich nicht nur Kritik von den (ohnehin überkritischen) Fans gefallen lassen. Shigeru Miyamoto ging noch vor der Veröffentlichung im Westen auf Distanz zum Spiel, nannte es nicht revolutionär genug und verwies schon auf einen "wahren" Nachfolger von Super Mario 64, der noch für den GameCube erscheinen werde. In der Tat war der Meister insgeheim nach wie vor Feuer und Flamme, wenn es um das Sphären-Design der Super Ma
Geboren wurde Mario im Jahre 1981, als Held in Shigeru Miyamotos erstem Videospiel. Der 28-jährige Industriedesigner, der nur durch den Kontakt seines Vaters zu Nintendo Firmenchef Hiroshi Yamauchi eingestellt wurde, sollte eigentlich das Board einer Space Invaders und Galaxian Kopie von Nintendo, in Form des so genannten „Radar Scope“ Automaten, als Grundlage nehmen, um ein eigenes Spiel daraus zu entwickeln. Der Radar Scope Automat war für Nintendo damals eine der bisher kostspieligsten Produktionen, brachte aber nicht mehr Geld, als deutlich billiger zu produzierende Automaten und so entschloss man sich, durch diesen Schritt wenigstens teilweise die hohen Kosten wieder auszugleichen. Miyamoto arbeitete für dieses Projekt mit Gunpei Yokoi zusammen, jenem Mann, der Jahre später den Nintendo Game Boy erfinden sollte. Doch schon nach kurzem Blick auf das eigentliche Radar Scope Spiel, war Miyamoto fest der Ansicht, dass er nicht einmal ein annährend ähnliches Spiel schaffen wollte, war ihm die Nähe zum Space Invaders Original von Taito doch wesentlich zu groß. Zudem empfand Miyamoto die meisten (Shooter-)Spiele dieser Zeit sowieso als zu primitiv: Für ihn war es leicht ersichtlich, dass die Mehrheit der damaligen Videospiele von Technikern entwickelt wurden, die sich vielleicht mit der Grafik, aber nicht mit dem Spieldesign auskennen würden. So war Yamauchis Entscheidung, den vollkommen unerfahrenen Miyamoto als Director eines Videospiels einzusetzen, zu dieser Zeit in der Tat höchst ungewöhnlich, kümmerte er sich davor doch fast ausschließlich um das Gehäusedesign der Automaten selbst. Zunächst war vorgesehen, dass eine Versoftung der bekannten Popeye-Cartoons Miyamotos erstes Spiel werden sollte, doch dieser Deal platzte unerwartet, weswegen er sich um eigene Kreationen bemühen musste. Miyamoto-San erinnerte sich bei der Suche nach geeigneter Inspiration an das Märchen „Die Schöne und das Biest“ und den Filmklassiker "King Kong". Der Bösewicht des Spiels sollte zwar erkennbar als dieser dargestellt werden, doch für den Spieler unbedingt auch sympathisch wirken. Und wie im großen Filmklassiker King Kong sollte sich dieser eine holde Maid schnappen und mit ihr auf den höchsten Punk eines Gebäudes abhauen. Die Frau namens Lady brauchte aber natürlich einen Helden an ihrer Seite und so entstand der Hauptdarsteller
des Spiels namens Jumpman. Miyamoto wollte keinen Supermann erschaffen – Jumpman sollte ein absoluter Durchschnittstyp sein, so dass sich absolut jeder mit dieser Spielfigur identifizieren konnte. Die beschränkte Technik der damaligen Zeit gab einen großen Teil des Aussehens vor: Weil die Darstellung der Kopfbehaarung nicht wirklich erkennbar war, bekam der kleine Mann eine Mütze auf den Kopf gesetzt. Der nicht erkennbare Mund wurde einfach zu einem dicken Schnauzer. Damit man seine Hände beim Laufen gut erkennen konnte, bekam er eine kleine Wampe mit auf den Weg geschickt. Der Name des Protagonisten kam natürlich nicht von ungefähr: Ziel des Spiels war es, die Freundin des Mannes aus den Klauen des Affen zu befreien. Dazu musste man in vier Stages jeweils bis an deren höchsten Punkt gelangen und tat dies erstmals in einem Videospiel springend, rennend und kletternd. Einen Hammer konnte Jumpman temporär als Extrawaffe gegen Gegner wie Flammen und die herunterrollenden Fässer des Affen einsetzen. Durch diese Extrawaffe bekam Jumpman dann auch den Beruf des Zimmermannes auf den Leib geschrieben.
Als Namen für den Bösewicht und auch des Spiels selbst kramte man ein Japanisch/Englisch Wörterbuch hervor und suchte nach einem englischen Wort für „Stur“, einer der herausragendsten Charaktereigenschaften des Affen. Dabei stieß man auf das Wort „Donkey“ (Esel) und da mit „Kong“ im Allgemeinen Primaten verbunden werden, wurden der große Affe sowie der Automat auf den Namen „Donkey Kong“ getauft.
Als Miyamoto das fertige Spiel in Nintendos amerikanischer Niederlassung vorstellte, herrschte dort entsetzen über den Automaten: Ein Spiel, welches fast völlig ohne Action auskommt, so etwas würde sich doch niemals anbieten lassen, noch dazu in den USA, wo NoA zu dieser Zeit in einer finanziellen Notlage steckte und man viel Hoffnung auf dieses Spiel als letzten Notnagel gesetzt hatte. Stattdessen wurde das obskure Spiel als finaler Sargnagel betrachtet. Doch Yamauchi war überzeugt von seiner Entscheidung und dem Können Miyamotos, worauf ein Automat zum Test in einer Kneipe aufgestellt wurde. Nach kürzester Zeit bekam man einen Anruf aus eben dieser: Etwas sei an dem Gerät nicht in Ordnung. Doch in Wahrheit soll das gute Stück mit Münzen bis an den Rand gefüllt gewesen sein und deswegen seinen Dienst verweigert haben. Damit begann der Siegeszug des, neben Pac-Man, zweiterfolgreichsten Spielautomaten aller Zeiten. Der gigantische Erfolg des ersten wirklichen Jump'n'Runs der Geschichte, gab Miyamoto und Yamauchi, nicht nur in all ihren Entscheidungen Recht, sondern sicherte letztendlich sogar den Standort von NoA vor der sicheren Schließung. Weiter markierte Donkey Kong zusammen mit Pac-Man den Anfang von Videospielen, die auf Charaktere setzten und nicht nur auf kalten und seelenlosen Objekten, wie vornehmlich Raumschiffen. Auch die Darstellung von kurzen Zwischensequenzen nahm mit diesen beiden Spielen ihren Anfang. Das mag leicht ironisch wirken, bedenkt man die heutigen Diskussionen um Miyamotos Ablehnung einer zu umfangreichen Story und eines ausgefeilteren Charakterprofils, lässt aber eine klare Linie erkennen: Sobald sich der Spieler mit einer seiner Figuren identifizieren kann, steht das Gameplay im Vordergrund. Und die Identifizierung geschieht vor allem durch die nur sehr sporadisch vorhandenen Informationen über den Protagonisten.
Für die US-Flyer zum Automaten bekam Jumpman dann auch endlich den Namen, unter dem er heute Millionen von Menschen bekannt ist. Wie es aber genau zu dieser Namensfindung gekommen ist, darum ranken sich verschiedene Legenden: Am bekanntesten (und wohl auch am wahrscheinlichsten) ist die Variante, wonach der Name von NoA Präsident Minoru Arakawa stammt, dem die angebliche Ähnlichkeit zwischen Miyamotos Kreation und dem italienischen Vermieter des Bürogebäudes von Nintendo of America aufgefallen sei, der den Namen Mario Segali trug. Auch über die Namensfindung des weiblichen Charakters, Lady, gibt es eine solche Anekdote. So soll die Frau des Warehouse-Managers von Nintendo of America, Don James, für den Namen Pate gestanden haben. Die gute Frau hörte auf den Namen Polly James, woraus angeblich Pauline wurde.
Nach dem gigantischen Erfolg des Automaten, fegten große Marketingkampagnen über die Welt und hinterließen nicht nur Stofffiguren und Musik CDs, sondern auch eine eigene Cartoon-Reihe über den Affen. Somit war allen Beteiligten schnell klar, dass eine Fortsetzung her musste und nur ein Jahr später, betrat Donkey Kong Jr. die Spielhallen dieser Welt.
Ein Novum stellte Donkey Kong Jr. im Hinblick auf seine Rahmenhandlung dar, denn zum ersten (und einzigen) Mal schlüpfte hier Mario in die Rolle des Bösewichtes und sperrte den großen Affen in einen Käfig ein. Dies ließ sich der Sohnemann namens Donkey Kong Jr. natürlich nicht gefallen und startete eine vier Level umfassende Rettungsaktion, an dessen Ende Mario das Handtuch werfen musste. Die Fortsetzung des Millionensellers entwickelte sich ebenfalls zum handfesten Hit in den Spielhallen, konnte aber den (Überraschungs-)Erfolg seines Vorgängers nicht wiederholen. DK Jr. war ein hervorragendes Mittel, um den kleinen Zimmermann weiterhin im Bewusstsein der Spieler verbleiben zu lassen, obwohl Mario im folgenden Donkey Kong 3 seine Rolle an den glücklosen Charakter „Stanley“ abgeben musste, was jedoch kein Beinbruch war, stellte der dritte Teil doch den eindeutigen Tiefpunkt der Reihe dar.
Miyamotos Grad der Beteilung am sehr schlechten dritten Teil der Trilogie ist bis heute unklar. Wichtiger war jedoch, dass er ein eindeutiges Gefallen an seiner menschlichen Kreation gefunden hatte, woraufhin 1983 Mario Bros. in die Spielhallen kam. Durch das Szenario des Spiels, kam Mario endlich zu seinem berühmten Beruf: In der Kanalisation waren die Rohre mit allerlei Viechern hoffnungslos verstopft und die Mario Brüder bekamen den lukrativen Auftrag, dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Und da man von den Mario-„Brüdern“ sprach, feierte der allseits im feschen Grün gekleidete Zwillingsbruder Marios, Luigi, mit diesem Titel sein Stelldichein. Dieser sah allerdings, abgesehen von den Farben seiner Klamotten, seinem Bruder zum Verwechseln ähnlich und auch von seinem tollpatischen Charakter war noch nichts bekannt (wobei sich dieser erst wirklich in den letzten Jahren entwickelte). Damals konnten die Gegner noch nicht mit einem Sprung auf ihre Köpfe ausgeschaltet werden. Stattdessen muss der Spieler genau unter dem Gegner stehen und von dort aus gegen den Boden springen. Als Mentor Yokoi bei einer Besprechnung mit Miyamoto fragte, was für eine Art Gegner sich dadurch auf den Rücken legen und erst nach einigen Mühen wieder von selbst aufstehen könnte, antwortete der junge Designer: "Nun, zum Beispiel eine Schildkröte!". Das war die Geburtsstunde von Marios ewigen Widersachern und erneut ein Beispiel, wie jedes Design bei Miyamoto einer Funktionalität untergeordnet ist. Seine wahre Stärke spielte der Titel im Spiel mit oder gegen einen menschlichen Mitspieler aus. Hinterhältige Klempner schubsten sich gegenseitig in die anlaufende Gegnerschar und zankten sich um Punkte, ebenso wie um die Benutzung des hier zum ersten Mal auftretenden Pow-Blockes. Auch die grünen Röhren, aus denen die Feinde an die Mario-Brüder herantraten, sollten später noch einige Auftritte spendiert bekommen.
Obwohl der Erfolg des Automaten eher bescheiden war, hielt Miyamoto an den Figuren und einigen Konzepten fest, die schließlich mit seinem nächsten Streich zur Revolution des Gamedesigns führen sollten.
1985: Super Mario Bros. – Der Urknall
Von der westlichen Welt, die sowieso gerade mit dem großen Videospielcrash 1983/84 beschäftigt war, fast unbemerkt, brachte Nintendo 1983 den „Family Computer“ (Famicom) in Japan auf den Markt, hierzulande besser bekannt als Nintendo Entertainment System (NES). Zur Markteinführung des 8-Bit Modulschluckers gab es Umsetzungen der bisherigen Miyamoto Spiele in Form von Donkey Kong, Donkey Kong Jr. und Popeye (welches nach dem Erfolg der DK Spiele doch noch das Licht der Welt erblickte). Um aber ein neues und bahnbrechendes Spiel für das junge System und vor allem für dessen geplanten US-Launch präsentieren zu können, veränderte Firmenpräsident Yamauchi die bisherige Struktur in Nintendos Entwicklungsabteilung und Miyamoto sah sich plötzlich als Leiter der neu gegründeten Abteilung „Research & Development 4" (R&D4) wieder, welche heute unter dem im Jahre 1990 geänderten Namen EAD (Entertainment Analysis & Development) jedem Nintendo-Fan ein Begriff sein wird. Miyamoto, plötzlich Produzent seiner eigenen Spiele, arbeitete hier zum ersten Mal mit Co-Director Takashi Tezuka und Komponist Koji Kondo zusammen, eine Partnerschaft, die Geschichte schreiben sollte. Miyamoto sollte über Tezuka später einmal sagen, dass das größte Problem ihrer Zusammenarbeit wohl ihre fast immer übereinstimmenden Ansichten in allen relevanten Bereichen sei und in der Tat wird Tezukas Anteil an der Super Mario Franchise bis heute sträflich unterschätzt. Zusammen mit drei Programmieren, die noch heute bei Nintendo arbeiten, stellte diese Zusammenstellung das komplette Team dar. Ja, damals waren Credits (wenn überhaupt vorhanden) noch sehr knapp und konnten prima auswendig gelernt werden.
Miyamoto nahm die schon vorhandenen Elemente um die Mario Brüder und verband sie für sein bis dahin mit Abstand größtes Projekt mit Ideen aus dem Literaturklassiker "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll. So sollte Mario (und natürlich auch Luigi) nach der Berührung eines so genannten Superpilz in die Höhe wachsen. Dadurch bekamen die Brüder mehr Kraft und starben bei Gegnerkontakt nicht gleich, sondern schrumpften wieder auf Normalgröße zurück. Durch dieses Extra wurde der kleine Mario zu Super Mario und damit auch der Titel des Games gefunden.
Möglich wurde diese Verwandlung durch die, im Vergleich zu Automaten-Spielen, große Leistungsfähigkeit der Nintendo Konsole. Der ursprüngliche Plan sah deswegen auch vor, die Mario Brüder von Start weg in ihrer Super-Größe über den Bildschirm wandern zu lassen, ehe das Konzept der Superpilze auf den Tisch kam. Ein anderes Item, die Feuerblume, ließ Feuerbälle aus den Händen der Klempner springen, während die Berührung eines Sterns für die zeitlich begrenzte Unbesiegbarkeit der Helden garantierte.
Der Titel wurde aber auch durch eigene Erfahrungen Miyamotos entschieden geprägt: Der Sohn zweier Lehrer liebte es in seiner Kindheit, das ländliche Gebiet seines Heimatortes Sonebe gründlich zu durchforsten. Besonders faszinierend war für es ihn, wenn er alte Türen fand, deren dahinter liegende Wege unter das Erdreich führten. So wurde die erstmals horizontal scrollende Welt des Klempnergespanns mit geheimen Blöcken, Münzreservaten und den legendären Warp Zonen (Röhren, durch deren Benutzung man ganze Welten überspringen konnte) überschüttet. Somit wurde der Spieler ständig für seinen Entdeckungsdrang belohnt und die pure Jagd nach dem Highscore, nahm plötzlich nur noch eine untergeordnete Rolle ein. Ein revolutionärer Gedanke, der das typische Bild, welches viele Menschen damals von einem Videospiel im Kopf hatten, kräftigt durcheinander warf. Egal ob Power-Ups, Levelaufbau oder Gegnerdesign: Nintendos Team sprudelte über vor neuen Ideen und Konzepten, die bald zur Blaupause der gesamten Industrie werden sollten. Einen nicht zu übersehenden bzw. überhörenden Anteil an der Ausstrahlung von SMB hatte der legendäre Score aus der Feder Koji Kondos. Praktisch jede Melodie und jeder Soundeffekt, denen Miyamoto seit jeher besondere Aufmerksamkeit schenkt, wurden zum Kult - allen voran das exakt zum Spielrythmus komponierte Super Mario Thema.
Ort des Geschehens war von Beginn an das Mushroom Kingdom (Pilzkönigreich), in dem das Volk der Toads ihr Dasein bis zu jenem Tag fristete, als der üble König Bowser Koopa das Reich mit seiner Armee überfiel, die Bewohner verzauberte und die Prinzessin des Reiches, Toadstool (in der deutschen Version zu Prinzessin Fliegenpilz gemacht), entführte. Zufällig wurden Mario und Luigi Zeugen dieses Überfalls, als sie durch ein Abwasserrohr die Hilfeschreie der Bewohner hörten. Seinen schicken Namen verdanken wir Marios Erzfeind den Übersetzern von NoA, die ihn Bowser tauften, während der Krötenkönig, nach einem Monster aus den Godzilla-Filmen und alten japanischen Sagen designt, in Japan bis heute nur als König Koopa bekannt ist.
Das einfach zu erlernende und revolutionäre Gameplay von Super Mario Bros., welches an einem Freitag dem 13. veröffentlicht wurde (13. September 1985), begeisterte die Massen, markierte das Ende des großen Videospielcrashs, veränderte die gesamte Branche nachhaltig und wurde zu dessen Aushängeschild. Über 40 Millionen Module gingen über die Ladentheken in aller Welt, meist im Bundle mit dem NES. Denn wer ein NES kaufte, wollte in erster Linie Mario spielen. Damit wurde Super Mario Bros. auch zum ersten wirklichen Systemseller. Gleichzeitig legte das neue Entwicklerteam gleich mit dem Erstlingswerk das erfolgreichste Spiel in der Firmengeschichte hin und erntete dafür viele Lorbeeren, auch intern, da bei Nintendo stets ein kleiner Wettstreit unter den Teams stattfand, den Yamauchi förderte. Shigeru Miyamoto selbst spricht bis heute von seinem innovativsten Spiel, wenn von Super Mario Bros. die Rede ist.
1986: Super Mario Bros. 2 – Das doppelte Lottchen
Nach dem gigantischen Erfolg von Super Mario Bros. lag die Idee in der Chefetage von Nintendo natürlich nicht fern, die Mario Manie auszunutzen und schnell eine Fortsetzung hinterher zuschieben. Jedoch war exakt das gleiche Team, welches schon an SMB gearbeitet hatte, gerade mit der ersten Episode der The Legend of Zelda Reihe beschäftigt. Also nahm man die schon verfügbaren Elemente von SMB und baute daraus einen schnellen Nachfolger für die gierigen Profi-Zocker im Lande, der auch grafisch gesehen dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich sah. Ein paar der wenigen neuen Features stellte der Negativ-Pilz dar, dessen Berührung bei Mario (oder nun auch wahlweise Luigi, der höher als sein Bruder springen konnte) zu Schaden führte. Und genauso konstant wurde auch der Schwierigkeitsgrad weitergeführt, denn Super Mario Bros. 2 fing fast ebenso schwierig an, wie das Prequel endete. Dies steigerte sich im weiteren Verlauf des Abenteuers noch so weit, dass das japanische Super Mario Bros. 2 bis heute den schwierigsten Teil der gesamten Reihe darstellt und absolute Perfektion am Controller verlangt, will man wirklich bis zur Oberkröte Bowser durchstoßen.
Genau wie der Vorgänger, erschien Super Mario Bros. 2 an einem Freitag dem 13. – dem 13. Juni 1986 um genau zu sein und damit nicht einmal ein Jahr nach Teil 1. Der eine oder andere wird jedoch bei der obigen Beschreibung ins Grübeln kommen: Hoher Schwierigkeitsgrad? Die fast genau gleichen Elemente, die SMB 1 schon zum Welterfolg machten? Und wo zur Hölle steckt Oberkröte Bowser in meinem Modul?
Die Erklärung hierzu ist recht einfach: Als Nintendo of America einen eingehenden Blick auf SMB 2 werfen konnte, war man der Überzeugung, dass dieses Spiel vielleicht etwas für die fast schon krankhaft perfekt spielenden Japaner wäre, aber die meisten westlichen Spieler würden angesichts des hohen Schwierigkeitsgrades keinesfalls erfreut sein. Also nahm man einfach ein bisher nur in Japan veröffentlichtes und von Tezuka entwickeltes Spiel, das den Namen „Doki Doki Panic“ trug, entfernte die vier Hauptcharakter namens Imajin, Lina, Mama und Papa und ersetzte sie durch Mario, Luigi, Prinzessin Toadstool und Toad. Auch an der Geschichte und einigen Details wurde gefeilt: Nun galt es nicht mehr zwei Kinder, die in ein magisches Buch geraten und von der Kröte Wart gefangen genommen worden sind, zu befreien. Stattdessen fanden die vier Mario Charaktere beim Picknicken eine Tür vor, die sie in das Land Subcon führte. Die einst friedliche Nation leidete schwer unter der Herrschaft des selbst ernannten Königs Wart. Koopa-Panzer und Pilze wurden ebenso in das „falsche“ Mario Spiel eingefügt, wie kleinere grafische Updates, wie die vermehrte Verwendung von animierten Sprites im Spiel.
Trotz all dieser Änderungen fühlte sich „unser“ Super Mario Bros. 2 niemals wirklich wie ein Super Mario Titel an. Kein Wunder, unterschied sich Doki Doki Panic schon von seinem behäbigeren Handling enorm von SMB. Gegner blieben bei einem Sprung auf die Rübe unbeeindruckt und liefen stattdessen einfach weiter ihres Weges. So half nur die logischste aller Waffen weiter: Frisch gepflücktes Gemüse. Die Vitamin-Bomben wurden aus der Erde gezogen und frech auf die Feinde gedonnert. Auch die Feinde konnten, mit Ausnahmen, rücksichtlos getragen und hinfort geworfen werden. "Unser" Super Mario Bros. 2 wird bis heute als schlechtester Teil der Reihe gehandelt. Hätte NoA den Spielern diese Scharade erspart und Doki Doki Panic (neben dem originalen SMB 2 natürlich) 1:1 in den Westen gebracht, würde das Spiel heute mit Sicherheit einen weit besseren Ruf besitzen, da es im Kern doch ein absolut überzeugendes Jump'n'Run war. Interessanterweise scheint dies auch Shigeru Miyamoto aufgefallen zu sein und so finden sich nicht nur viele Figuren wie Shy Guys und Bob-Ombs in anderen Teilen der Reihe wieder, auch einige Gameplay-Elemente wurden Jahre später für Donkey Kong (GB, 1994) wieder verwendet. Amerikanische und europäische Videospielfreaks konnten in der Vergangenheit schon zweimal das originale Super Mario Bros. 2 spielen, allerdings nicht in der Famicom-Urfassung. So lagen sowohl Super Mario Allstars (SNES) als auch Super Mario Bros. DX (Game Boy Color) mehr oder weniger modifizierte und vereinfachte Fassungen von SMB 2 bei. Erst mit dem Virtual Console Release des Spiels im Jahre 2007, war es ganze 21 Jahre (!) später erstmals möglich, die Fassung in ihrer ungekürzten und unveränderten Ur-Version zu spielen.
1988: Super Mario Bros. 3 – Mit Waschbärschwanz zur Weltherrschaft
Marios Popularität war inzwischen nicht mehr zu überbieten und unzählige Merchandising-Artikel bevölkerten den Markt, ebenso wie eine US TV-Serie mit Real- und Trickfilmsequenzen und mehreren inzwischen fast unbekannten Animes, die ihre Heimat im Land der aufgehenden Sonne jedoch niemals verlassen haben. Doch Miyamoto wollte es sich nicht zu einfach machen, war doch schon die schnelle Fortsetzung SMB 2 gegen seine eigenen Richtlinien, nach denen sich ein Sequel deutlich vom Vorgänger absetzen sollte. Das Team, welches inzwischen auf gut zehn Mann angewachsen war, bekam schließlich eine zweijährige Entwicklungszeit für das dritte Bros. Abenteuer gewährt. Und was würde besser zur Inspiration dienen, als ein Besuch zu einem Ort voller Magie? Also machte sich Miyamotos Kreativtruppe auf ins Disneyland Florida und sammelte dort Eindrücke und Ideen für Super Mario Bros. 3.
Eine der ersten dieser Ideen war es, Mario diesmal die Möglichkeit zu geben, sich in einen Zentauren zu verwandeln, einem Wesen aus der griechischen Mythologie, das zwar einen menschlichen Oberkörper besaß, der Rest aber aus den Körperteilen eines Pferdes bestand. Zwar wurde dieser Gedanke schnell wieder verworfen, doch wurde damit das Konzept der unterschiedlichen Verwandlungsforem und Kostüme Marios aus der Taufe gehoben. Mario konnte dank eines Waschbärschwanzes nicht nur erstmals fliegen, sondern als Frosch-Mario auch wesentlich flinker schwimmen, als Hammer-Mario die gleichnamigen Werkzeuge durch die Gegend werfen und sich mit einem Waschbäranzug gar für kurze Zeit in eine Statue verwandeln, sodass Bösewichte ihn einfach ignorierten. Das Leveldesign machte kolossale Sprünge, wurden die Stages doch um einiges komplexer und kreativer, als jene im ersten Teil der Reihe und erneut gespickt mit versteckten Geheimnissen, Inhalten und neuen Spielideen. Von Ebbe- und Flut-Stages, über labyrinthartige Minischlösser und Türen, die Mario zum Riesen werden ließen, bis zu diagonalen Autoscroller-Levels (!) wartete das Spiel mit einem nie gekannten Einfallsreichtum auf. Während der Rest der Videospielwelt verzweifelt versuchte, Super Mario Bros. adäquat zu kopieren, schien sich Miyamotos Truppe mit SMB 3 schon wieder in ganz andere Sphären aufzuhalten. Auch die später viel kopierte Übersichtskarte wurde mit diesem Spiel eingeführt, was wiederum dazu führte, dass der Spieler nun nicht mehr stur von Level A nach Level B musste, sondern bei mehr als einer Gelegenheit eine eigene Route verfolgen konnte. Den i-Punkt schließlich setzte der Zweispielermodus, den man immer wieder für eine kleine Partie klassisches Mario Bros. unterbrechen konnte - damals ein absolutes Novum.
Im Gesamtbild betrachtet, wurde das gesamte Spiel mit dem Thema der Weiterentwicklung und Erweiterung durchzogen, egal ob man sich nun das Gameplay, das stark erweiterte Mushroom Kingdom (mit seinen neuen Provinzen und Königen) oder gar den Fortpflanzungstrieb der Gegner anschaute: So schwirrten plötzlich nicht nur Blubbers und Gumbas mit ihren Kindern im Anhang herum, sogar Bowser präsentierte dem Spieler plötzlich seine sieben Gören. Deren Vornamen sind im übrigen nicht ganz zufällig gewählt worden: Namen wie Larry (King), Morton (Downey Jr.), Wendy O. (Williams), Iggy (Pop), Roy (Orbison), Lemmy (Kilmister) und Ludwig van (Beethoven) werden dem einen oder anderen sicherlich geläufig sein. Eher unbekannt ist es, dass die teils abgefahrene Haarpracht der Koopa-Brut, den Frisuren des Entwicklerteams nachempfunden worden sein soll… Eine interessante Parallele zum Kinderreichtum in SMB 3 könnte auch durch einen Vergleich mit den damals aktuellen Umständen Miyamotos hergestellt werden, da dieser inzwischen Vater einer Tochter und eines Sohnes geworden war.
Um das Meisterwerk in den Vereinigten Staaten in aller Munde zu bringen, startete Nintendo of America einen der cleversten Werbecoups überhaupt und arbeitete hierfür mit einem Filmproduzenten zusammen: Im Weihnachtsfilmhit „The Wizard“ liefen drei Kids von zu Hause weg, um an einem großen Videospiel-Contest teilzunehmen. Am Ende gelang einem der Kids natürlich der Sprung ins große Finale des Tuniers, bei dem, ihr ahnt es schon, Super Mario Bros. 3 gespielt wurde – und das fast drei Monate vor dem US Release. In Zeiten vor der großen Internetwelle, vor Foren, Chatrooms und Newsseiten und vor einer ausgewachsenen Medienlandschaft zum Thema Videospiele, war dies die mit Abstand größte Bezugsquelle für Material zum Spiel. So avancierte die Kinoleinwand minutenlang zur Werbefläche für das dritte Klempnerabenteuer, wobei viele Besucher des Films tatsächlich hauptsächlich wegen dieser Szenen in den Streifen gingen, der mit (damaligen) bekannten Gesichtern wie Fred Savage und Christian Slater besetzt war. Der Hype um SMB 3 war in den USA ohne Beispiel - anders als in Europa. Da sich das NES hierzulande nur schwer gegen die übermächtige Front der Heimcomputer-Benutzer durchsetzen konnte, entfiel ein vergleichbares Chaos
Letztendlich verkaufte sich Super Mario Bros. 3 weltweit über 18 Millionen mal und ist damit bis zum heutigen Tage das meisterverkaufte Spiel aller Zeiten, welches nicht zuerst in einem Bundle mit der Konsole erhältlich war. Müssig zu sagen, dass dieses Spiel Marios Status als Superstar der Branche noch weiter festigte und die Welt der Mario Spiele um ein Vielfaches ausbaute.
1990: Super Mario World – Now you playing with super power!
Da das Sega Genesis (Mega Drive) in den USA immer mehr an Fahrt und vor allem Marktanteilen gewann, musste Nintendo endlich handeln: Zu lange hatte man die Konkurrenz gewähren lassen, die sich in Werbekampagnen schon lustig über den lahmen Videospiel-Riesen machte ("Genesis does what Nintendon't") und so wollte Yamauchi zum Launch des Super Famicom (Super Nintendo) wieder mit einem starken Titel als Flaggschiff auftrumpfen. Dass dieser den vierten Spross der Super Mario Spiel darstellen sollte, war angesichts der Verkaufszahlen und Beliebtheit der Reihe absolut verständlich.
Schon zur Endphase der Entwicklung von SMB 3 versammelten sich die Mitglieder des Mario Teams, um an Konzepten für dessen Nachfolger zu arbeiten. Erste Beta-Szenen des Spiels zeigten die Absicht, den im dritten Super Mario eingeführten Waschbär-Mario auch in SMW wieder einen Platz geben zu wollen. Doch das Team hielt wohl nichts mehr von Marios animalischer Seite. Stattdessen nahm ein (im Vergleich variantenreicheres) Cape die Funktion des Flug-Items ein. Eine weitere Idee lag seit 1985 auf Eis und konnte nun endlich umgesetzt werden: Nach der Entwicklung von SMB (1) wollte man Mario in zukünftigen Episoden eine Art Reittier mit auf dem Weg geben. Da aber die Technik des NES hier kein befriedigendes Ergebnis lieferte, verschob man dieses Konzept bis zu jenem Moment. Zuerst als Esel konzipiert, wurde aus dem Reittier letztendlich ein liebenswerter Dinosaurier namens Yoshi. Durch dessen Fähigkeit verschiedenste Gegner einfach mit der langen Zunge zu schnappen und hinunter zu schlingen, gab es nicht nur gleich ein neues Gameplay-Element, die Story bekam auch ihren Rahmen: Mario, Luigi und Prinzessin Toadstool waren endgültig Reif für die Insel und suchten sich für ihren Urlaub eine kaum bekannte Inselkette aus, die allenfalls als Dinosaurierland bekannt war. Doch kaum ließen die beiden Brüder die holde Dame mal alleine, wurde sie auch schon von König Bowser gemopst, der leider ausgerechnet auf dieser Inselkette nach SMB 3 mit seinem Luftschiff notlanden musste (Zufälle gibt’s...). Im Schlepptau hatte er natürlich auch wieder seine sieben Kinder, die seit diesem Teil nicht mehr in der Super Mario Reihe auftauchten, 1993 noch einmal einen Auftritt im Lightgun Shooter "Yoshis Safari" (SNES) hatten und erst 2003 wieder in "Mario & Luigi" für den GBA ein kleines Comeback feierten.
Der Name war bei Super Mario World Programm: Der Spieler konnte dank der deutlich ausgebauten Weltkarte nun um einiges freier und eigenständiger als in den Vorgängern einen Weg zu Bowser finden - dank der Sternenstrasse war es sogar möglich, innerhalb von ein paar Minuten Spielzeit schon an Bowsers Hintertür anzuklopfen. Zum Glück wurde dem Spiel, welches in Japan als „Super Mario Bros. 4 - Super Mario World“ veröffentlicht wurde, diesmal auch eine Speicherbatterie mit auf dem Weg gegeben. Damit stellte nicht mehr das Erreichen von Obermotz Bowser das alleinige Spielziel dar, sondern die Entdeckung aller 96 Level bzw. Ausgänge. Denn erstmals gab es in vielen Levels mehr als nur einen Levelausgang, der dem Spieler, wenn er ihn dann entdeckt hatte, vollkommen neue Wege auf der Weltkarte offen legen konnte. Da die Levels beliebig oft besucht werden konnten, entstand eine völlig neue Art Dynamik. In die Itembox gepackte Items oder Yoshis konnten und sollten von einer Stage in die andere mitgenommen werden. Damit wurde auch die Kritik einiger Mario Fans relativiert, die mokierten, dass Super Mario World seinem direkten Vorgänger zu ähnlich war. Da diese Kritik allerdings auf höchsten Niveau stattfand und auch heute noch heftig darüber gestritten wird, welcher der beiden Super Mario Episoden nun die bessere sei, kann man leicht darüber hinwegschauen. Mit der nötigen Distanz betrachtet fällt allerdings auf, dass die Spielbarkeit bei SMW tatsächlich noch besser und einsteigerfreundlicher gelang und vor allem das in der vertikalen zugenommene Leveldesign erneut ausgeklügelter wirkte. Und auch die Verlagerung auf die Erforschung neuer Levels, setzte den Titel positiv vom Vorgänger ab. Das Potenzial der Weltkarte wurde erfasst und im Gegensatz zum letzten NES Ableger voll ausgeschöpft. Selbstverständlich hatte auch die größere Leistungsfähigkeit des SNES mitzureden und so wirkte Marios Welt aufpolierter, lebendiger und farbenfroher denn je und kam nun einen Cartoon sehr nahe. Sorgte in SMB 3 noch der ständige Einsatz von Holzelementen in der grafischen Gestaltung für einen gleichzeitig bizarren und unverwechselbar charmanten Look, zeigte das Dinosaurierland mit säulenartigen, blauen Bergen im Hintergrund, einer Schokoladeninsel und der traumhaften Sternenstrasse eigenes Profil. Auch Koji Kondo profitierte vom SNES - Sonys genialer Soundchip ließ das Reggae- und Jazz-Feeling seiner Komposition doch um einiges besser rüberbringen, als es noch zu kratzigen 8-Bit Tagen der Fall war. Obwohl fast im gesamten Spiel über das gleiche Thema zu hören war (welches vom Ohrwurmgehalt sogar dem originalen SMB Thema Konkurrenz machte), schaffte er es durch verschiedenste Variationen der Melodie, dass der Spieler auch nach stundenlangen Mithören noch dazu pfeifen wollte.
Super Mario World erschien als SNES Launchtitel am 9. November 1990 im Land der aufgehenden Sonne, verkaufte sich über 20 Millionen Mal und hatte einen nicht geringen Anteil am Erfolg von Nintendos 16-Bitter. Zudem musste sich Mario in den USA diesmal mit einem deutlich stärkeren Gegner messen, als all die Jahre zuvor: Sonic wurde zu Segas Vorzeigetitel auf dem Mega Drive und markierte den Anfang der zweiten „großen Jump'n'Run Serie“ zu Beginn der Neunziger. Trotzdem reichte Segas Maskottchen, dessen Spiele ohne Zweifel von sehr hoher Qualität waren, weder von der Spielbarkeit, noch von den Verkaufszahlen an den Genreprimus heran.
1990 - 1994: Starring: Mario – Marios weitere Auftritte
Zwar sollte es nun ganze fünf Jahre bis zum nächsten Super Mario Teil dauern, doch war der kleine Klempner in dieser Zeit alles andere als untätig: So entstand z.B. unter dem Game Boy Erfinder Gunpei Yokoi die Super Mario Land Reihe für seinen Handheld. Die Spiele konnten natürlich nicht mit Miyamotos Werken mithalten, doch gaben sie den Fans das nötige Jump'n'Run Futter in der Mario-losen Zeit. Während SML 1 noch stark auf den ersten SMB Teil basierte, nahm sich SML 2 schon das SNES Abenteuer Marios als Vorbild, bis sich die Serie wandelte und man die Eigenkreation Wario in den Vordergrund der Reihe stellte, der in SML 2 noch als reiner Bösewicht fungierte.
Einen weiteren Meilensteil legte Nintendos Aushängeschild 1992 mit Super Mario Kart: Durch die Verwendung von typischen Mario Elementen wurde ein vollkommen neues Genre geschaffen, welches man heute allgemein als „Fun Racer“ tituliert. Mario und seine Freunde fuhren auf unzähligen 3-D Kursen (dem Mode 7-Effekt des Super Nintendos sei Dank) im Kart um die Wette und setzten dabei verschiedene Extras ein, die sie auf der Strecke einsammeln mussten. Dabei geht das Konzept, des in einem Kasten zum Abruf bereitstehende Extras, auf SMW zurück, bei dem der Spieler einen Superpilz, eine Feuerblume oder eine Feder für brenzlige Situationen aufbewahren konnte. Dieses Vorgehen, bei dem gezielt Elemente aus der Super Mario Serie entliehen werden, um einem Genre einen völlig anderen Dreh zu verleihen, findet seine Fortsetzung bis zum heutigen Tag und erlebte mit SMK seine Geburtsstunde.
Auch in einem anderen Gebiet nahm der Schnauzbartträger eine Vorreiterrolle ein, als 1993 der Super Mario Bros. Spielfilm in die Kinos kam. Während der Film durchaus einige Stars zu bieten hatte, wie Bob Hoskins in der Rolle von Mario und Dennis Hopper als König Koopa (!), versagte der 40 Millionen Dollar teure Streifen ebenso an der Kinokasse, wie bei den Kritikern und Fans. Anstatt die Schauplätze und Charaktere originalgetreu darzustellen, veränderte man sie so sehr, dass am Ende nicht viel mehr als die bloßen Namen übrig blieben. Als wäre dies nicht genug, ließ auch das sehr schwache Drehbuch dem Film keinerlei Chancen. Eine schon angedeutete Fortsetzung wurde so verständlicherweise niemals Realität.
Zu Recht enttäuschte Fans konnten sich wenigstens mit der Compilation Super Mario All-Stars trösten, die ihnen nicht nur SMB 1-3 im modernen 16 Bit Gewand präsentierte, sondern erstmals auch das japanische SMB 2 in den Westen brachte.
1995: Super Mario World 2: Yoshi's Island – Das Erreichen der Perfektion
Meister Miyamoto schien erst einmal genug vom Pilzkönigreich zu haben und verwies bei Fragen auf ein eventuelles Super Mario World 2 schon auf die nächste Konsolengeneration. In Wahrheit jedoch war dies nur eine Finte und das Mario Team begann schon kurz nach dem Abschluss von Super Mario World mit den Arbeiten an der Fortsetzung. Der Mario-Vater wollte jedoch nicht wieder in die gleiche Kerbe wie mit SMW schlagen, denn schon dieses Spiel stellte für ihn lediglich eine Evolution dar. Diesen Weg erneut zu gehen, erschien ihm ebenso langweilig wie falsch. Gerade richtig schien da ein Projekt zu kommen, an dem Nintendo zusammen mit den Technikprofis von Argonaut arbeitete: Das wohl größte Manko des Super Nintendos war die viel zu langsame CPU, wie leidgeprüfte Entwickler damals immer wieder zu Protokoll gaben. Man erinnere sich an flackernde und ruckelnde Frühwerke wie R-Type. Also entwickelten die beiden Firmen einen Zusatzchip, der fortan als Super FX Chip in den Modulen seinen Dienst verrichten sollte. Praktischer Nebeneffekt: Die zusätzliche Power reichte damit auch erstmals für Spiele aus, bei denen Polygone zum Einsatz kamen. Noch während Nintendo am ersten Titel mit Polygonen arbeitete (Star Wing), machte das Mario Team mehrere Experimente mit einem Super Mario World Nachfolger in 3D. Nach einiger Zeit jedoch stellte man fest, dass man auch mit diesem Hilfsmittel niemals einen zufrieden stellenden dreidimensionalen Auftritt von Mario auf dem SNES zustande bringen würde und konzentrierte sich so lieber noch ein letztes Mal auf einen Nachfolger in der zweiten Dimension. Jedoch behielt man die zusätzliche Rechengeschwindigkeit des Super FX-Chips bei und entwickelte mit dem Spezialchip im Hinterkopf, ein so vollkommen anderes Mario-Spiel, dass sich viele am Ende aller Tage zunächst sträubten, den fertigen Titel überhaupt zur Reihe dazu zu zählen..
Endlich machte man mit der Legende von dem angeblich aus Brooklyn stammenden Brüderduo ein Ende und schloss damit endgültig die reale Welt aus dem Mario Universum aus. Gleichzeitig erzählte das Mario Team die Vorgeschichte der Saga: Bowser war noch ein kleines Gör und überließ die wichtigen Staatsgeschäfte noch seinem treuen Hofmagier Kamek. Dieser sah aber in einer Vision die Geburt eines Zwillingspaares voraus, die dem Koopa Königreich in naher Zukunft mehr als ein Dorn im Auge sein würden. Um sich dieser anbahnenden Gefahr frühzeitig zu entledigen, überfiel Kamek den Kurierstorch, der die beiden zu ihren Eltern hätte bringen sollen. Dem Überfall war jedoch nur ein Teilerfolg und während sich Luigi in den Fängen der Schildkröten befand, plumpste Baby Mario vom Himmel und landete genau auf den Rücken eines Yoshis. Und damit begann eine der radikalsten Fortsetzungen aller Zeiten, bei der sogar der einstige Hauptdarsteller Mario durch die beliebten Dinos ersetzt wurde. Erst durch diesen Schritt war es möglich, vollkommen neue Gameplay Elemente in die Serie einzubringen, wie Miyamoto auch selbst später anmerkte: „Es war sehr schwer, einen wirklich würdigen Nachfolger zu designen. Dies ist auch einer der Gründe, weshalb wir uns mit Yoshi als Hauptcharakter ganz neue Möglichkeiten erschlossen haben – Mario schien uns wirklich ausgereizt.“ Das prägnanteste Hauptelement stellten hier sicherlich die Eier dar, die Yoshi, nach dem Verzehr eines Gegners, werfen konnte. Durch den Gebrauch diesr Wurfgeschosse konnten nicht nur Gegner, von denen es die rekordverdächtige Summe von über 150 Typen gab, abgeschossen, sondern auch Schalter aktiviert und weit entfernte Gegenstände eingesammelt werden. Da die Sprungpassagen mit Yoshi durch seinen Flatterflug erheblich einfacher geworden sind, musste man den Spieler mit einem weiteren neuen Element fordern: Bei der Berührung eines Gegners, schwirrte Baby Mario plötzlich in einer Blase umher und dem Spieler standen nur noch ein paar Sekunden zur Verfügung, um den Hosenmatz wieder zurück zu bekommen. Als Nintendo ihren Testspielern diese Spielmechanik vorführte, kümmerten sich diese aber nicht rechtzeitig um Baby Mario, sodass er von den Dienern Kameks geschnappt wurde. Also wurde das Soundsample eines schreienden Babys unter die Aktion gelegt und schon nahm die Aufmerksamkeit, ebenso wie die Hektik der Testspieler, deutlich zu.
Zwar war die Weltkarte des Spiels diesmal nur noch schmuckes Beiwerk und diente zur rein linearen Auswahl der Stages, doch stellte dafür das Leveldesign den absoluten Höhepunkt der Reihe und wohl auch des gesamten Genres dar. Miyamotos Mannen stopften die Welten mit unzähligen Geheimnissen voll und trieben die Spieler zur Höchstmotivation, für die eine Übersichtstafel am Ende eines Level, die den Spielern Auskunft darüber gab, wie viel sie wirklich entdeckt haben, eine nicht geringe Schuld trug. Der Super FX 2 Chip, der am Ende im finalen Modul seinen Dienst verrichtete, wurde vornehmlich für absolut geniale und spektakuläre Endgegnerfights eingesetzt, wie man sie zuvor in einem Plattformgame noch nicht gesehen hat. Und auch für die Rotation und Stauchung von Objekten in allen Himmelsrichtrungen und Größen wurde der Chip höchst intelligent eingesetzt, anstatt lediglich als reines Augenfutter zu dienen.
Als Nintendo im Sommer 1995 praktisch über Nacht Super Mario World 2: Yoshi's Island aus dem Hut zauberte, überraschte man damit die gesamte Videospielwelt. Nintendos Geheimniskrämerei hatte ganze Arbeit geleistet, denn in all den Jahren zuvor war niemals eine Information über den SMW Nachfolger an die Ohren der Öffentlichkeit gedrungen, zumal sich die ganze Konsolenwelt schon mitten in der Diskussion um die Nachfolgekonsole Ultra 64 (Nintendo 64) befand und sich schon mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass erst auf der dortigen Plattform mit einem SMW Nachfolger zu rechnen sei. Einen guten Eindruck von der Überraschung gibt das Editorial der Total! 09/95 (unter Kennern bis heute als das beste deutschsprachige Nintendo-Magazin bekannt). So berichtete der Chefredakteur von einem plötzlichen Anruf Nintendo of Europes in der Redakton. Die Worte des Nintendo-Offiziellen am anderen Ende der Leitung lauteten: "Wir wissen ja nicht ob es euch interessiert, aber wir haben hier ein neues Spiel. Ein neues Mario Spiel. Wir haben die Fortsetzung zu Super Mario World hier."
Bei seiner Veröffentlichung konkurrierte YI mit dem zweiten Teil der ungeheuer populären Donkey Kong Country Reihe und musste sich in Sachen Verkaufszahlen, vor allem in den USA, geschlagen geben. Während die DKC Reihe nicht zuletzt aufgrund ihrer für damalige Verhältnisse unglaublichen Grafik im Fokus des Interesses stand, kam YI mit einem einzigartigen Zeichenstil daher, der an Wachsmalkreidezeichnungen erinnerte, womit Miyamoto die Wärme solcher Bilder auf die Spielatmosphäre und den Spieler übertragen wollte. Eine Legende berichtet, dass dies aber nicht die ursprünglichen Pläne für die Grafikgestaltung von YI waren: Zunächst soll der Titel seinem Vorgänger recht ähnlich gesehen haben, was aber zur Einmischung der Marketingabteilung Nintendos führte. Darauf pochend, dass moderne Rendergrafik derzeit das Mass aller Dinge sei, kritisierte diese den Grafikstil von Yoshi's Island. Doch anstatt sich diesem Urteil zu beugen, ging Miyamotos Team einen bewusst noch gewagteren Weg und heraus kam der oben beschriebene Grafikstil. Letztendlich wurde die „moderne Rendergrafik“ lediglich im Vorspann eingesetzt. Wieviel an dieser Legende wahr ist, bleibt der Fantasie überlassen. Sicher ist hingegen: Das gegenüber Rares Affentheater schlechtere Abschneiden von Yoshi's Island bei den amerikanischen Kunden sorgte für eine leicht verbitterte Aussage Miyamotos, nach der er gesagt haben soll, die Amerikaner würden doch alles kaufen, solange ihnen die Grafik gefalle… Am Ende entscheidet aber immer die Zeit über ein Urteil und inzwischen wird dem Höhepunkt aller 2D Jump'n'Runs, dem die Total damals in ihrem Test sogar die Ausnahmewertung 1+ wert war, verdientermaßen weit mehr Anerkennung zugesprochen, als der DKC Reihe.
Yoshi's Island sorgte gleichzeitig auch für den Startschuss der Yoshi Franchise, denn viele Mechanismen im Gameplay von Spielen wie Yoshi's Story und Yoshi Touch & Go gehen auf den fünften Super Mario Teil zurück.
1996: Super Mario 64 – Die Neuerfindung
Es war eine mehr als turbulente Zeit für EAD, als am 5. August 1995 und nach über vier Jahren Entwicklungszeit SMW 2 in den japanischen Geschäften lag und man schon mitten in den Arbeiten des ersten Mario Abenteuers in der dritten Dimension steckte. Da dieses Mammutwerk höchste Priorität erforderte, kehrte Miyamoto erstmals seit NES Tagen wieder auf den Stuhl des Directors zurück, übernahm aber gleichzeitig auch noch die Funktion des Producers. Schließlich sollte dies der Titel werden, der den Unterschied zu den 32-Bit Konsolen und der Power des Nintendo 64(-Bitters) zeigen sollte.
Die Idee, dass der Controller des N64 mit einem Analogstick ausgestattet werden sollte, entstand tatsächlich erst während der Arbeit an Super Mario 64, da das Spiel beim Startschuss der Entwicklung zunächst mit einer Computertastatur und später mit modifizierten SNES Pads gesteuert wurde. Miyamoto war in dieser Phase der Entwicklung fast immer an den jeweils aktuellen Versionen des Titels anzutreffen und investierte enorm viel Zeit, mit Mario und einem kleinen Hasen namens MIPS (benannt nach dem Prozessor des N64 und auch noch in der Endversion des Spiels anzutreffen) in einem dreidimensionalen Garten herum zu spielen. In dieser Phase entstanden bereits alle Bewegungen und Moves von Mario, die vor allem auf eine sehr guten Physik basierten. Trotz der Vielfalt an Bewegungen wollte Miyamoto absolut sicher gehen, dass die Steuerung niemals überladen wirkte. Viel Kopfzerbrechen bereitete den Programmierern vor allem die Perspektive des Spiels. An einem Punkt der Entwicklung besaß das Spiel sogar einmal eine fixierte Kamera, die das Spielgeschehen aus einer isometrischen Perspektive einfing, bevor es gelang, eine für den Spieler leicht zu bedienende Kamera designen zu können. Von diesem wichtigen Meilenstein aus ging es Nintendo in erster Linie darum, für die große Präsentation des Nintendo 64 und des Flaggtitels im November 95 auf der eigenen Hausmesse des Konzerns gerüstet zu sein und eine aussagekräftige Demoversion vorzeigbar zu haben. Das war im Rückblick betrachtet keine schlechte Zielsetzung, denn die damalige Shoshinkai (Spaceworld) war für viele eine Enttäuschung, die nach einer jahrelangen Wartezeit auf Nintendos neuen Konsolenstreich gehofft hatten: Anstatt zehn anspielbarer Titel, wie im Vorfeld angekündigt, waren lediglich Super Mario 64 und Kirby Bowl 64 (aus dem viel, viel später schließlich Kirby Air Ride für den GameCube werden sollte) in spielbaren Vorversionen anzutreffen. Außerdem war die Fachwelt anhand der Pläne von Firmenboss Hiroshi Yamauchi, der immer noch auf Modultechnik setzte, reichlich skeptisch. Zumindest der revolutionäre Controller und das sich in einem noch sehr frühen Stadium befindliche SM 64 konnte einige Besucher zufrieden stellen, wenn dies auch gleich zum nächsten Problem führte: Wie sollte ein Titel, der im November 95 gerade einmal zu 30% fertig gestellt war, schon am 21. April 96 in den japanischen Kaufhäusern stehen? Und selbst Miyamoto gab in Interviews ganz unverhohlen zu, dass er eigentlich noch gerne Zeit bis zum August 96 hätte.
Das Konzept des Spiels nahm nach der Shoshinkai endlich Gestalt an: In jedem Level sollten Missionen erfüllt werden, die der Spieler durch das vollkommen freie Leveldesign auf verschiedenen Wegen erfüllen konnte. Dieses grundlegende Design sollte in den Jahren danach noch unzählige Male kopiert werden und zum Vorbild der bekanntesten 3D Jump'n'Runs werden. Doch wie befürchtet worden war, konnte der Termin nicht eingehalten werden und der komplette Launch der neuen Hardware wurde auf den 23. Juni 1996 verschoben. Auch ein Zeichen dafür, wie wichtig Super Mario 64 für Nintendo geworden war, denn nach dem Urteil vieler Kritiker hing nun nicht weniger als die Zukunft der Konsole und damit auch des Unternehmens von diesem Titel ab.
Die nun folgenden Wochen waren für das gesamte Team, welches inzwischen auf Rekordgröße angewachsen war (praktisch jeder Mitarbeiter von EAD beteiligte sich nun an der Fertigstellung von SM 64), eine einzige Tortur. Es wurde mehr und mehr zur Gewohnheit, mehrere Tage ohne Schlafpause am Spiel zu arbeiten. Sogar die Ehefrauen der Mitarbeiter, normalerweise schon zur Genüge leidgeprüft, ließen ihren Unmut über diese extremen Zustände verlauten, was selbst Tezuka lautstark von seiner Frau mitgeteilt wurde. Noch bedenklicher entwickelte sich Miyamotos Gesundheit, mit der es während dieser Zeit rapide bergab ging. Sogar der Pressesprecher der Firma äußerte sich in den Wochen vor dem Launch besorgt über die Gesundheit des Vaters von Mario. Miyamoto bat zwar bis zuletzt um eine nochmalige Verschiebung und einen Release in der Nähe des Weihnachtsgeschäftes, aber nachdem diese Bitte auf Ablehnung in der höchst nervösen Chefetage stieß, schaffte es das Team dennoch in einem gewaltigen Kraftakt Super Mario 64 zusammen mit dem N64 am 24. Juni 1996 zu releasen. Und dies quasi in letzter Sekunde, am Ende der Entwicklung wurden Ideen und Grafiken entweder direkt und ohne Umschweife in das Spiel eingefügt oder gänzlich verworfen. So soll Yoshi ursprünglich auch wieder als Reittier geplant worden sein, am Ende begrüßte er den Spieler nur noch auf dem Dach des Schlosses der Prinzessin, wenn das Spiel komplett durchgespielt war und verschenkte 100 Extraleben. Mindestens ein Programmierer soll nach den Arbeiten an SM 64 seinen Job an den Nagel gehängt haben, da ihn der gewaltige Stress komplett ausgebrannt hatte, wie Giles Goddard (der für Marios Gesicht im Titelbildschirm verantwortliche Programmierer) berichtete.
Nicht nur von der reinen Perspektive hatte sich Marios Welt weiterentwickelt, viele Elemente wie das Schloss der Prinzessin (deren japanischer Name nun zum Vornamen wurde und sie seither als Peach Toadstool bekannt war), in dem das Spiel vornehmlich stattfand und in dessen Gemäuern sie auch von Bösewicht Bowser festgehalten wurde, oder die Stimmen der Charaktere sind seit Super Mario 64 fester Bestandteil von Marios Welt. Apropos Stimmen: Gerade weil Mario nun endlich eine Stimme bekam, gewann sein Charakter um einiges an Charme hinzu. Die sehr hohe und mit italienischem Akzent ausgestattete Stimme stammte von Charles Martinet. Der US-amerikanische Synchronsprecher und Schauspieler (The Game, Nine Months, unzählige Werbefilme für Firmen wie u.a. Microsoft, IBM und Apple) lieh dem Klempner schon seit 1991 auf diversen Messen seine Stimme. Hinter der Stimme der Prinzessin steckte hingegen keine professionelle Sprecherin. Sie wurde damals von Leslie Swan, einer Übersetzerin von Nintendo of America, gesprochen, die ihr noch einen Schuss Grazie in die Stimme legte, was ganz im Gegensatz zur späteren Peach-Stimme von Jen Taylor stand, wie es später noch zu berichten gibt.
Wie Balsam für die Seelen der geschundenen Mitarbeiter musste da der Erfolg des Spiels gewesen sein: Erst stand der Titel im Mittelpunkt der E3 96, wie kein Spiel zuvor oder danach. Die Begeisterungsstürme gingen so weit, dass eine ganze Reihe von Entwickler ihre Titel, unabhängig davon ob es sich dabei um Plattform-Spiele handelte, massiv verschoben und hinter vor gehaltener Hand auf den anrollenden Meilenstein als Grund verwiesen. Kurze Zeit später folgte der herbei gesehnte Japan-Release des Nintendo 64, nebst Software. Einzig Super Mario 64 war es zu verdanken, dass Nintendo in den ersten Stunden eine Menge von 300.000 Konsolen in Japan an den Mann bringen konnte. Auch im Rest der Welt ließ das Meisterwerk die N64 Konsolen zum Launch fast alleine über die Ladentheken wandern und verkaufte sich insgesamt über zehn Millionen Mal. Wie schon Super Mario Bros. zuvor, definierte ein Mario Spiel das Videospiel neu, läutete diesmal das moderne 3D Zeitalter ein und wurde zur meist beachteten Blaupause seiner Zeit. Viele Spiele haben seither versucht, ebenfalls den Schritt in die dritte Dimension zu meistern und es existieren mit The Legend of Zelda: Ocarina of Time und Metroid Prime gleich zwei sehr bekannte weitere Beispiele für das Gelingen dieses Vorhabens. Doch keines dieser Spiele hatte dabei die Bürde eines Launchspiels zu tragen und gleichzeitig die Erwartungen an einer Revolution des Gamedesigns zu erfüllen. Dies alles hat Super Mario 64 mit Bravour gemeistert. Super Mario 64 sollte Miyamoto letzte Arbeit werden, für die er offiziell als Director von Anfang bis Ende des Projektes fungierte.
2002: Super Mario Sunshine – Ins Wasser gefallen?
Aufgepasst, denn die Dinge werden nun etwas komplizierter und wir müssen etwas weiter ausholen, um der Entstehungsgeschichte von Super Mario Sunshine gerecht zu werden. Direkt zum Release von SM 64 ließ Miyamoto verlauten, man habe unzählige Konzepte während der Entwicklung des Spiels nicht mehr einbringen können und werde demnach ziemlich bald an einem Super Mario 64 2 arbeiten, welches eventuell auf dem 64DD (mit Zip-ähnlichem Laufwerk ausgestattete Zusatzhardware für das N64) erscheinen werde. Dass der Meister nun bis Ende 1998 an dem Ocarina of Time Epos sitzen würde, hätte er sich bestimmt niemals träumen lassen. Hinweise über den SM 64 Nachfolger gab er indes immer wieder von sich, so auch in einem Interview im Juni 1998, in dem er darauf hinwies, dass ein Nachfolger auf Basis des Vorgängers recht schnell fertig wäre, er aber auch die Möglichkeit hätte, die Fortsetzung von Grund auf anders zu gestalten. Ende 1998 sprach Miyamoto dann von einem Prototyp des Spiels, der schon auf seinem Schreibtisch laufen würde – und zwar mit einem gleichzeitig steuerbaren Mario und Luigi. Jedoch wies er schon hier auf eine eventuelle Veröffentlichung auf einer gänzlich neuen Hardware hin. Wieder in einem Interview sprach der beschäftigte Mann im Januar 2000 davon, dass das neue Mario ein Spiel werden müsse, wie es zuvor kein vergleichbares Stück Software gab, sprich eine neue Spielerfahrung darstellen müsse. Wenn allerdings Mario nicht in dieses Konzept passen würde, könnte er z.B. auch Zelda als Basis nutzen. Diese Aussage ist sehr interessant und legt die Vermutung nahe, dass besagte Idee am Ende in Miyamotos Pikmin (2001, GameCube) ihren Weg fand und Nintendos Designer letztendlich entschieden, ein vollkommen neues Universum für dieses Grundkonzept aus der Taufe zu heben. Schließlich finden wir in Pikmin auch das Konzept zweier gleichzeitig kontrollierbarer Charaktere wieder – Held Olimar (in dessen Namen nicht ohne Grund der Name Mario versteckt ist) und die Pikmin-Horde konnten in einem bestimmten Rahmen unabhängig voneinander kontrolliert werden.
Die Spaceworld 2000 kam und Nintendo lüftete den Schleier um das Projekt Dolphin. Das Meerestier wurde zum GameCube und Big N führte der versammelten Fachwelt einige Demos und Trailer für ihr neues Konsolenbaby vor. Darunter fiel auch die so genannte Super Mario 128 Präsentation, die von Miyamoto selbst vorgeführt würde.
Diese als Grafikdemo verstandene Präsentation zeigte bis zu 128 Marios auf einem sich ständig im Wechsel befindlichen Untergrund. Für wenige Augenblicke liefen die Marios auf einer ebenen Fläche umher, im nächsten Momente wuchsen Berge aus dem Boden oder die Welt formte sich in Kugelform. Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, wie weit diese Demonstration die Zukunft vorweg nehmen würde. Miyamoto würde mehrere Jahre mit der Idee einer Spielwelt im Kugeldesign im Kopf jonglieren und viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, ehe sie ihren Platz fand. Erst die Spaceworld 2001 ließ dann endlich die Bombe platzen: Nintendo stellte Super Mario Sunshine, den offiziellen Kronerben des 64 Bit-Meisterstückes, vor. Auf den ersten Blick orientierte sich das Spiel im ersten Trailer stark an sein Prequel. Die beiden großen Innovationen von Super Mario Sunshine sollten das so genannte Geomorping und der Dreckweg 08/17 ausmachen. Die Technik des Geomorphings sollte dafür sorgen, dass gewaltigste Bauten plötzlich wie Pilze aus dem Boden herausschießen und die Spielwelten unter einer ständigen Bewegung stehen sollten. Mit dem Dreckweg 08/17 hingegen, einer sprechenden Maschine mit Wassertank und einer Düse, konnte Mario nun Wasser verspritzen und damit Verunreinigungen beseitigen, Gegner angreifen und durch neue Düsen einen Raketenrucksack oder einen Turboantrieb daraus machen. Für das Design der Pumpe standen zehn Kandidaten zur Auswahl, nachdem ein menschliches Design abgelehnt wurde und auch eine Spritzpistole nicht in Frage kam. Die Wahl fiel auf Dreckweg, wobei dieses Design niemals zu den Favoriten des Entwicklerteams gehörte, aber nach Ansicht der Designer besser in das Setting des Spiels passen würde, als die anderen Vorschläge.
Die Story, obwohl auf den ersten Blick etwas komplexer, ging altbekannte Wege. Mario machte mit Peach Urlaub auf einer Insel mit mediterranen Flair, doch ein sprichwörtlicher „Drecksack“ verschmutzte das dortige Inselparadies. Die örtliche Polizei sah Mario, den suspekten Touristen, schnell als Täter an. Es folgte ein Gerichtsverfahren an dessen Ende Mario zur Säuberung der kompletten Insel verdonnert wurde. Ein typischer Justizirrtum, aber da war der windige Staatsanwalt wohl auf eine Erfolgsmeldung aus..
Schon früh beschwerten sich Fans über die Grafik des Spiels, wobei vor allem die verschwommenen Texturen harscher Kritik ausgesetzt waren. Die optische Seite des Spiels machte eine kuriose Entwicklung durch, als die E3 2002 Version mit butterweichen 60 Frames und vielen netten Effekten die Kritiker stummer werden ließ, die fertige Verkaufsversion aber um einige dieser Spielereien beraubt wurde und die Software als Pointe nur noch mit halber Geschwindigkeit, sprich 30 Frames über den Bildschirm flackerte. Das gesamte Spiel machte bei seinem Release am 19. Juli 2002 in Japan einen, gerade für einen Super Mario Titel, ungewöhnlich unfertigen Eindruck, was leider auch für das Gameplay galt: Das sehr interessante Element des Geomorphings wurde brutal um das dahinter liegende Potenzial gebracht und fand in sehr unbefriedigender, simplifizierter Form Verwendung. Das Leveldesign wechselte sich zwischen grenz-genialen und fast schon langweiligen Arealen ab, einhergehend mit der Missionsgestaltung. Eben noch musste der Spieler einen riesigen Endgegner zur Strecke bringen, in dem er Sanddünen via Wässerung genau dann zum Wachsen brachte, wenn sich der arme Tropf genau darunter befand (und anschließend mit Karacho auf den Rücken landete), schon stand in der nächsten Mission ein weiteres, schlichtweg lieblos designtes Wettrennen mit Bowser Junior an. Fast schon legendär ist die langwierige (oder auch langweilige) Suche nach den in allen Leveln und der Oberwelt versteckten blauen Münzen. Viele dieser Münzen waren nur durch reinen Zufall zu entdeckten und so liegt der Anteil der komplett durchgespielten SMS-Spielstände deutlicher unter dem Niveau des Vorgängers. Und auch der Auftritt von Überdino Yoshi als Reittier, auf den die Fangemeinde mit besonderer Spannung gewartet hatte, war nicht wirklich überzeugend. Des Dinos Einsatz war viel zu selten gefordert, die Steuerung ungewohnt störrisch und so machte er deshalb am Ende den Eindruck eines schnell hineinprogrammierten Extras. In der Tat wurde Yoshi um mehrere, im ursprünglichen Gameplan angedachte Features gebracht, was ihn fast zur Bedeutungsloigkeit verdammte. Dagegen sorgten die unter Fans allgemein als „Retro-Levels“ bekannten Gebiete für die alte Begeisterung und einen wahrhaften Lichtblick des Spiels: Super Mario Sunshine spielte sich nicht zuletzt aufgrund des Dreckweg 08/17 etwas einfacher als SM 64, da während des Sprunges die Düsen des Gerätes Mario sanft über Abgründe gleiten ließen. Bei den Retro-Levels aber ging es, wie in den alten 2D Vorgängern, alleine darum, von Punkt A nach B zu kommen und dies über wildeste, rotierende Plattformenkonstruktionen. Und das alles ohne die Hilfe der sprechenden Maschine.
Wenige Bereiche von Super Mario Sunshine wurden nicht mit Kritik konfrontiert. So auch die Sprachausgabe. Im Gegensatz zu Super Mario 64 nahm die Quantität des gesprochenen Wortes enorm zu, nicht aber die Qualität. Jen Taylor, in der Rolle der Prinzessin, reizte die Gehörgänge mit einer viel zu piepsigen Stimme, die Peach zu einem Dummchen degradierte. Dabei konnte es die Dame besser, wie ihre Leistung als Cortana in der Halo Trilogie zeigte. Viel schwerer wog jedoch Scott Burns (ein amerikanischer Radiomodertor) als Stimme von Bowser. Die Oberkröte klang seltsam trottelig, als musste sich Bowser hörbar anstrengen, wie ein echter Badboy zu klingen. Zwar wurde Bowser außerhalb der Super Mario Reihe mehr und mehr als unfähiger Depp im Herrschergewand, quasi als Stromberg der Mario Welt, dargestellt, aber die gleiche Entwicklung wirkte in einem Teil der Originalreihe wie ein Fremdkörper. Fern schienen da die Tage, als Bowser mit Kriegsschiffen, Panzern und Kampfschiffen aufwarten konnte und in einem der Hölle nachempfundenen Reich lebte, wie zu Super Mario Bros. 3 Zeiten.
Fehlende Zeit in der Entwicklung wird oft als eines der Hauptargumente für das umstrittenste Super Mario Spiel überhaupt genannt. In der Tat machte Firmenboss Hiroshi Yamachi zum Ende der Nintendo 64 Ära eine folgenschwere Entscheidung, als er die Entwicklungszeiten künftiger Titel enorm beschneiden ließ. Die Verschiebungsorgien der auslaufenden N64-Ära hatten einen starken Eindruck auf den Mann an der Spitze hinterlassen. Das Konzept: Mehr Manpower sollte die fehlende Zeit wieder ausgleichen. Hier liegt aber ein weiterer Stolperstein verborgen, da damit viele Neulinge mit SMS ihre Hörner abstoßen mussten. Nicht zu unterschätzen sollte auch die Abstinenz von Shigeru Miyamoto während der Entwicklung sein. Seit Anfang des neuen Jahrtausends bestand dessen Aufgabe zunehmend in der Funktion eines Wächters über unzählige gerade in Entwicklung befindlicher Produkte, von denen vor allem Metroid Prime seine Aufmerksamkeit verlangte.
Geradezu ironisch wirkte es da, dass nicht wenige Videospielfreaks SMS am Ende der GameCube-Ära trotz aller Mängel als das beste 3D Jump'n'Run dieser Generation ansahen. Ein genauerer Blick auf die weiteren Genre-Vertreter der so genannten 128-Bit Generation schafft Verständnis. Während die meisten Jump'n'Runs innerhalb des 32/64 Bit-Zeitalters noch den Weg eines Super Mario 64 gegangen sind, beherrschten Genre-Hybriden oder Jump'n'Runs in der Light-Version den Markt in der Zeit danach. Sammelorgien in den 3D Jumpern der 32/64 Bit-Epoche sorgten für ein zunehmendes Desinteresse der Spieler und das Genre stagnierte. Tatsächlich wurden reine Plattformer eine Ausnahmeerscheinung und SMS war eine solche Ausnahme der Regel
2002 - 2005: Mario, wohin man blickt…
Das Universum der Super Mario Games war seit Bestehen der Reihe ein Sammelsurium für Charaktere und Themen, die auch in anderen Spielen ihre Gastauftritte feierten oder eine gänzlich neue Franchise schufen. Aber selbst für einige Mario Fans wurde es in den vergangenen Jahren etwas zuviel des Guten: Wie viele Mario Party Teile gibt es jetzt schon? Musste Mario denn wirklich in jeder Sportart sein Unwesen treiben, auf einer Tanzmatte das Tanzbein schwingen, als Flipperkugel herhalten oder sogar in einem EA Basketballspiel gegen menschliche Spieler antreten? Die Charaktere der Mario Welt sind für Nintendo inzwischen nicht nur das stärkste Markenzeichen und Aushängeschild geworden (die Zelda Reihe ist für den „normalen Mann auf der Strasse“ noch immer eine unbekannte Angelegenheit), sondern garantieren schon alleine durch ihre die Anwesenheit einen gewissen Verkaufserfolg. Da wäre es vom großen Konzern aus Kyoto schon reichlich dumm, diesen Bonus nicht zu nutzen, doch natürlich muss zugleich alles seine Grenzen haben: Mario darf nicht in zu vielen mittelmäßigen Softwaretiteln auftreten, ansonsten würde man dem Ansehen des bekanntesten Videospielcharakters aller Zeiten erheblichen Schaden zufügen. In der Cube-Ära wurde die Abhängigkeit von den Mario-Charakteren besonders auffällig. In diesen schwierigen Zeiten klammerte sich Nintendo an Mario und Co. wie an einem letzten Stohhalm. Exemplarisch sind die Auftritte von Mario, Luigi und Peach in NBA Street Volume 3 und SSX On Tour aus dem Hause EA zu nennen. Dass sich der Wind zu Gunsten Nintendos drehte, verrät ein Blick auf die Softwarelisten von Wii und Nintendo DS. Wünschenswert ist es allemal, denn die Spieler verbinden mit den „wirklichen“ Mario Spielen eben vor allem jene aus der Super Mario Reihe und ganz allgemein ein extrem hohes Maß an Qualität. Dass aber die vielen Remakes der Super Mario Games der Franchise schaden würden, hat sich dagegen nicht bewahrheitet, dort ist eher das Gegenteil eingetreten und viele junge Spieler entdecken, dass manch olle Kamelle auch heute noch locker die meisten neuen Games in die Tasche zu stecken vermag.
2006: New Super Mario Bros. - Zurück zu den Wurzeln
Super Mario Sunshine musste sich nicht nur Kritik von den (ohnehin überkritischen) Fans gefallen lassen. Shigeru Miyamoto ging noch vor der Veröffentlichung im Westen auf Distanz zum Spiel, nannte es nicht revolutionär genug und verwies schon auf einen "wahren" Nachfolger von Super Mario 64, der noch für den GameCube erscheinen werde. In der Tat war der Meister insgeheim nach wie vor Feuer und Flamme, wenn es um das Sphären-Design der Super Ma
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